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1. Januar 2024

Zertifizierung von Minenräumdienstleistungen in der Ukraine

Einleitung
1. Fachterminologie
2. Zertifizierungsstellen
3. Rechtsvorschriften zur Zertifizierung
4. Zertifizierungsverfahren
4.1. Antragstellung
4.2. Prüfung des Antrags
4.3. Konformitätsbewertung der Unterlagen
4.4. Konformitätsbewertung vor Ort
4.5. Erstellung und Ausstellung der Zertifikate
5. Überwachung der Tätigkeiten
6. Geltungsdauer der Zertifizierung

 

Die Kampfhandlungen in der Ukraine im Anschluss an die groß angelegte Invasion der russischen föderation haben die größte humanitäre Krise in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Weite Teile des ukrainischen Territoriums wurden mit Sprengkörpern verseucht. Angesichts der Tatsache, dass der Boden eines Landes eines dessen wichtigster Produktionsmittel ist, muss dieser Zustand so schnell wie möglich behoben werden – sowohl im Interesse der Sicherheit der ukrainischen Bevölkerung als auch im Interesse der wirtschaftlichen Erholung der Ukraine.

Nach Angaben der Weltbank werden die Gesamtkosten für die notwendige Entminung der ukrainischen Gebiete derzeit auf mehr als 37 Milliarden US-Dollar geschätzt. Vor diesem Hintergrund bemüht sich die Ukraine aktiv darum, einen offenen Markt für Minenräumdienstleistungen zu schaffen. Durch Deregulierung und Digitalisierung sollen private Initiativen gefördert werden. Die Entwicklung dieses Marktes wird auch durch umfangreiche Förderprogramme und staatliche Unterstützung aktiv gefördert.

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Unter diesen Bedingungen hat der Minenräummarkt in der Ukraine beispiellose Entwicklungsperspektiven. Nationale und internationale Minenräumer sind bereits aktiv dabei, diesen Markt zu erschließen.

Nach ukrainischem Recht müssen Unternehmen, die Dienstleistungen im Bereich der Minenräumung anbieten wollen, die entsprechenden Konformitätszertifikate für Minenschutzverfahren eines Minenschutzanbieters erwerben. Erst nach Erhalt eines solchen Zertifikats haben sie den Status eines Minenschutzanbieters, können als Minenschutzanbieter registriert werden und haben das Recht, diese Arbeiten durchzuführen und Dienstleistungen in diesem Bereich zu erbringen.

Gleichzeitig müssen auch Unternehmen, die bereits im Besitz ähnlicher internationaler oder ausländischer Zertifikate sind, ein nationales Zertifikat erwerben.

1. Fachterminologie

Die meisten Unternehmen, die in der Ukraine Minenräumarbeiten durchführen wollen, haben bereits Erfahrung mit den internationalen Minenschutzstandards. Die Besonderheiten bei der Übersetzung und Anpassung dieser Standards auf ukrainische Erfordernisse erfordern jedoch ein Verständnis der nationalen ukrainischen Terminologie. Dies wird dazu beitragen, die Zertifizierung vorzubereiten und Missverständnisse bei der weiteren Kommunikation mit Kontrollbehörden zu vermeiden.

Nach ukrainischem Recht haben Minenräumunternehmen eine spezielle Bezeichnung: „Minenschutzanbieter (bzw. Minenschutzbetreiber bzw. Minenschutzsubjekte)“. Die Minenräumung und etliche damit verbundene Dienstleistungen werden allgemein als „Minenschutztätigkeit“ bezeichnet.

In der Ukraine umfasst die Minenschutztätigkeit Maßnahmen, die darauf abzielen, die nationale Sicherheit zu gewährleisten sowie die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen von Sprengkörpern auf das Leben und die Aktivitäten der Bevölkerung zu verringern.

Unter Minenräumung (humanitäre Minenräumung) versteht man wiederum eine Reihe von Maßnahmen, die von Minenschutzanbietern durchgeführt werden, um die von Sprengkörpern ausgehenden Gefahren zu beseitigen, einschließlich der technischen und nichttechnischen Untersuchung von Gebieten, der Kartenerstellung, der Aufspürung, der Neutralisierung und/oder Zerstörung von Sprengkörpern, der Markierung, der Erstellung einer nach der Minenräumung folgenden Dokumentation, der Aufklärung der Bevölkerung über die Minenräumarbeiten und der Übergabe des geräumten Gebietes.

Die Minenschutztätigkeit in der Ukraine wird durch folgende Prozesse sichergestellt:

  • nichttechnische Untersuchung;
  • technische Untersuchung;
  • manuelle Minenräumung;
  • Räumung von Kampfgebieten;
  • Verfahren zur Neutralisierung (Vernichtung) von Minen und / oder explosiven Kampfmittelrückständen;
  • Aufklärung der Bevölkerung über die Risiken, welche mit Minen und explosiven Kriegsresten verbunden sind.

Die Umsetzung dieser Prozesse bildet die Grundlage für Minenräumfirmen in der Ukraine und bedarf einer Zertifizierung.

2. Zertifizierungsstellen

Die Zertifizierung von Anbietern und Minenschutzprozessen erfolgt durch akkreditierte Konformitätsbewertungsstellen.
Heute sind dies:

  • Minenschutzzentrum beim Staatlichen Sondertransportdienst, Stadt Tschernihiw;
  • Interregionales Zentrum für humanitäre Minenräumung beim Staatlichen Notfalldienst der Ukraine, Stadt Merefa;
  • Minenräumzentrum der Streitkräfte der Ukraine, Stadt Kamjanez-Podilskij.

3. Rechtsvorschriften zur Zertifizierung

Die Zertifizierung von Minenschutzanbietern wird in der Ukraine gesetzlich allgemein geregelt. Ein spezifisches Regelwerk, das die Zertifizierungsverfahren in der Ukraine eindeutig regelt, gibt es derzeit nicht. Aus diesem Grund kann jede Zertifizierungsstelle spezifische Anforderungen für den Zertifizierungsprozess festlegen (z. B. Inhalt des Antrags, Liste der Dokumente, Gültigkeit der Rezertifizierung, Frist für die Einreichung eines neuen Antrags usw.).

Dies erfordert in jedem Fall eine sorgfältige Vorbereitung auf den Zertifizierungsprozess, die Vertrautheit mit den Besonderheiten der Verfahren bei den verschiedenen Zertifizierungsstellen und eine aktive Kommunikation mit diesen Stellen.

Gleichzeitig haben alle Zertifizierungsverfahren einen grundsätzlich ähnlichen Ablauf. Dieser kann am Beispiel einer der Zertifizierungsstellen verallgemeinert werden.

4. Zertifizierungsverfahren

Das Zertifizierungsverfahren besteht in der Regel aus mehreren Schritten:

  • Einreichung des Zertifizierungsantrags;
  • Prüfung des Zertifizierungsantrags;
  • Bewertung der Konformität der eingereichten Informationen und Dokumente mit den Vorschriften;
  • Konformitätsbewertung vor Ort;
  • Ausstellung von Zertifikaten.

4.1. Antragstellung

Zur Einleitung des Zertifizierungsverfahrens muss das antragstellende Unternehmen eine Reihe von Antrags- und Nachweisdokumenten einreichen. Die Auflistung dieser Unterlagen ist in der Regel auf der Website der jeweiligen Zertifizierungsstelle zu finden.

Die Liste ist recht umfangreich und umfasst unter anderem:

  • Kopien der Satzungs- und Zulassungsdokumente des antragstellenden Unternehmens;
  • Angaben über die Qualifikation und praktische Erfahrung der Leitung und des Personals des antragstellenden Unternehmens unter Berücksichtigung der Tätigkeit bei anderen Minenschutzanbietern;
  • Nachweise über Spezialausbildungen, Abschlüsse besonderer Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen, Zertifikate und Zulassungen der Führungskräfte und des Personals des antragstellenden Unternehmens;
  • Unterlagen über Stellenbeschreibungen für das Personal des antragstellenden Unternehmens;
  • Unterlagen zu Qualitätsmanagementsystemen;
  • Informationen über das Personalmanagement des antragstellenden Unternehmens (Einstellung, Ausbildung, Beförderung, Schulungs- und Entwicklungssystem);
  • Standardarbeitsanweisungen oder andere Unterlagen (Verfahrensabläufe, Regelungen usw.), in denen die Anforderungen an das Informationsmanagement, die ärztliche Betreuung, die Sicherheit und den Umweltschutz festgelegt sind;
  • Informationen über die gesamte Ausrüstung, die für alle Prozesse, die zur Zertifizierung vorgelegt werden, zur Verfügung steht, sowie Dokumente, die bestätigen, dass die Ausrüstung betriebsfähig ist und die Bedingungen für die Durchführung der Aufgaben erfüllt;
  • Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass die technischen Mittel und die Ausrüstung der Organisation gehören und von dieser genutzt werden.

Anmerkung: Alle Dokumente müssen in ukrainischer Sprache eingereicht werden, Kopien von fremdsprachigen Dokumenten müssen mit einer beglaubigten Übersetzung eingereicht werden.

Bei der Planung des Zertifizierungsverfahrens ist die für die Übersetzung aller technischen Unterlagen für die Ausrüstung und deren Zertifizierung erforderliche Zeit zu berücksichtigen.

In der Praxis bedeutet dies, dass das antragstellende Unternehmen vor Beginn des Zertifizierungsverfahrens ein voll funktionsfähiges Minenräumunternehmen in der Ukraine gründen muss. Darüber hinaus hat es folgende Aufgaben zu erfüllen:

  • alle erforderlichen Ausrüstungen zu beschaffen und in die Ukraine einzuführen;
  • das Personal zu schulen und zu zertifizieren;
  • alle erforderlichen Dokumente (Standardarbeitsanweisungen, Qualitätsmanagementsystem usw.) zu erstellen; und
  • alle weiteren Anforderungen der nationalen Minenschutzstandards zu erfüllen.

Diese Situation stellt ein Risiko für Investitionen in den Minenschutz in der Ukraine dar. Daher ist es wichtig, einen genauen Plan für die Vorbereitung auf die Zertifizierung zu entwickeln, um Missverständnisse mit der Zertifizierungsstelle während des Zertifizierungsprozesses zu vermeiden und um Mängel innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens beheben zu können (z.B. rechtzeitige Lieferung von Ausrüstung, Ausbildung von Personal, Erstellung interner Dokumente).

4.2. Prüfung des Antrags

Während der ersten Analyse der eingereichten Antragsunterlagen stellt die Zertifizierungsstelle fest, ob das antragstellende Unternehmen die Anforderungen der ukrainischen Gesetzgebung erfüllt und den Status eines Minenschutzanbieters erhalten kann und ob eine solche Organisation Anspruch auf eine kostenlose Zertifizierung hat. Danach schließt die Zertifizierungsstelle in der Regel mit dem antragstellenden Unternehmen einen Vertrag über die Durchführung der Zertifizierungsmaßnahmen ab. Einige Zertifizierungsstellen schließen solche Verträge für jede Zertifizierungsstufe ab.

Der eingegangene Antrag und die Unterlagen werden von der Zertifizierungsstelle geprüft, um festzustellen, ob

  • die Informationen über das antragstellende Unternehmen für die Durchführung des Zertifizierungsverfahrens ausreichend sind;
  • zwischen der Zertifizierungsstelle und dem antragstellenden Unternehmen Differenzen in der Interpretation von Normen oder anderen Regelwerken bestehen (oder diese ausgeräumt sind);
  • die Liste der Prozesse, die zur Zertifizierung vorgelegt werden, festgelegt ist;
  • das antragstellende Unternehmen über die Mittel verfügt, um alle angegebenen Minenschutzprozesse durchzuführen;
  • das antragstellende Unternehmen zertifiziert werden kann.

Darüber hinaus wird die Vollständigkeit der dem Antrag beigefügten Unterlagen anhand der von der Zertifizierungsstelle erstellten Listen überprüft. Wenn der Antrag fehlerhaft ausgefüllt ist oder die Angaben in und Unterlagen zu ihm unzureichend sind, hat das antragstellende Unternehmen die Möglichkeit, die eingereichten Unterlagen innerhalb einer von der Zertifizierungsstelle gesetzten Frist zu überarbeiten. Diese Frist beträgt in der Regel 60 Tage.

Einige Zertifizierungsstellen lassen auch wiederholte Überarbeitungen zu, jedoch maximal zweimal. Nimmt das antragstellende Unternehmen die Korrekturen nicht vor, wird der Antrag zurückgezogen und der Zertifizierungsprozess beendet. Es ist zu beachten, dass ein solches Verfahren (Behebung von Mängeln innerhalb der gesetzten Frist und Beendigung des Zertifizierungsverfahrens, wenn die Mängel nicht behoben werden) in jeder Phase der Zertifizierung angewendet wird.

4.3. Konformitätsbewertung der Unterlagen

Die Zulassungsunterlagen des antragstellenden Unternehmens müssen belegen, dass die Anforderungen der nationalen Standards in Übereinstimmung mit den erklärten Minenschutzprozessen und den allgemeinen Anforderungen des ukrainischen Minenschutzgesetzes erfüllt werden.

Im Falle einer positiven Entscheidung bereitet sich das antragstellende Unternehmen auf eine Vor-Ort-Prüfung vor. In der Praxis bedeutet dies, dass Ausrüstung, Infrastruktur und Personal vorhanden sein müssen und den nationalen Minenschutzstandards zu entsprechen haben.

4.4. Konformitätsbewertung vor Ort

Die Konformitätsbewertung vor Ort wird in der Regel nach einem mit dem antragstellenden Unternehmen abgestimmten Plan durchgeführt.
Die Vor-Ort-Konformitätsbewertung umfasst:

  • Inspektion der relevanten Räumlichkeiten, des Geländes und der Ausrüstung zur Feststellung, ob diese in Übereinstimmung mit den Anforderungen der Standardarbeitsanweisungen sind;
  • Demonstration der im Antrag angegebenen Prozesse (die Demonstration sollte so realistisch wie möglich sein, einschließlich Datenerfassung, Informationsmanagement, medizinische Notfallversorgung und Logistik, je nach den Prozessanforderungen in Übereinstimmung mit den standardisierten Betriebsabläufen des Antragstellers);
  • Bestätigung, dass die Zusammensetzung des Personals den Angaben in den eingereichten Unterlagen entspricht und dass das Personal über die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderliche Kompetenz verfügt;
  • Bestätigung, dass die Standardarbeitsanweisungen und andere grundlegende Dokumente sowie die relevanten Qualitätsmanagementverfahren mit den für die Bewertung eingereichten Unterlagen übereinstimmen und dem gesamten Personal bekannt gemacht wurden usw.

4.5. Erstellung und Ausstellung der Zertifikate

Im Falle einer positiven Entscheidung auf der Grundlage der Ergebnisse der Vor-Ort-Konformitätsbewertung wird eine Zertifizierungsentscheidung getroffen und die entsprechenden Zertifikate ausgestellt.

5. Überwachung der Tätigkeiten

Es ist zu beachten, dass die Aktivitäten eines Minenräumunternehmens nach Erhalt eines Zertifikats einer strengen Überwachung unterliegen, um zu bestätigen, dass die zertifizierten Prozesse weiterhin in Übereinstimmung mit den dokumentierten Verfahren durchgeführt und verwaltet werden.

Die Überwachung ist vergleichbar mit der Konformitätsbewertungsphase vor Ort. Es ist wichtig, auf eine solche Überwachung vorbereitet zu sein, da die Zertifizierungsstelle aufgrund der Ergebnisse die folgenden Entscheidungen treffen kann:

  • die Zertifizierung unverändert zu belassen – wenn bei der Überwachung keine Unregelmäßigkeiten festgestellt werden;
  • die Zertifizierung unter bestimmten Bedingungen unverändert zu lassen – wenn bei der Überwachung potenzielle geringfügige Unregelmäßigkeiten festgestellt werden, die keine Aussetzung des Betriebs für den Zeitraum der Korrekturmaßnahmen erfordern;
  • bestimmte Prozesse von der Zertifizierung auszuschließen – wenn die Überwachung tatsächliche und potenziell kritische Unregelmäßigkeiten bei der Durchführung bestimmter Prozesse aufdeckt;
  • die Zertifizierung für den Zeitraum auszusetzen, in dem das Minenräumunternehmen Korrekturmaßnahmen ergreift – wenn die Überwachung tatsächliche geringfügige, wesentliche und kritische Unregelmäßigkeiten aufdeckt, die eine Aussetzung des Betriebs für den Zeitraum der Korrekturmaßnahmen erfordern; oder
  • schließlich die Zertifizierung zurückzuziehen (zu beenden), wenn bei der Überwachung tatsächliche und potenziell kritische Unregelmäßigkeiten bei der Durchführung aller zertifizierten Prozesse festgestellt werden.

Wird die Zertifizierung zurückgezogen (beendet), so erfolgt eine erneute Zertifizierung erst nach einer gewissen Zeit (je nach Zertifizierungsstelle zwischen einem Monat und einem Jahr). Wenn die Zertifizierung zurückgezogen wird, muss sie als Erstzertifizierung wiederholt werden.

6. Geltungsdauer der Zertifizierung

Die Erstzertifizierung ist 1 Jahr gültig. Die Gültigkeit von Folgezertifizierungen beträgt 3 bis 5 Jahre, je nachdem, welche Stelle die Zertifizierung durchgeführt hat.

Bei Beantragung einer Erweiterung des Zertifizierungsbereichs werden neue Konformitätszertifikate in der Regel mit einer Gültigkeitsdauer innerhalb des Geltungsbereiches der bestehenden Zertifizierung ausgestellt.

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