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  5. Die Landwirtschaft in der Ukraine
25. Mai 2020

Die Landwirtschaft in der Ukraine

1. Treibkraft der ukrainischen Wirtschaft
2. Landwirtschaft in der Exportstruktur
3. Struktur der landwirtschaftlichen Böden
4. Agrarexport in die EU
5. Agrarlogistik
6. Investierung in die ukrainische Agrarindustrie
7. Startups in der Agrarindustrie
8. Eröffnung des Bodenmarktes in der Ukraine
9. Agrarindustrie und COVID-19

 

Das Agrobusiness ist die Treibkraft der ukrainischen Wirtschaft. Die Ukraine wird traditionell als Kornkammer Europas angesehen, weil sie etwa 25% der weltweiten Schwarzerdeböden besitzt, die durch ihre hohe Fruchtbarkeit bekannt sind. Das Land ist auch der größte Exporteur von Sonnenblumenölen und einer der größten Exporteure von Getreide (u.a. Weizen, Mais, Gerste).

Zu den wichtigsten landwirtschaftlichen Pflanzen, die die Ukraine zu einem globalen Marktführer machen, gehören Getreide- und Futterpflanzen, insbesondere Weizen, Mais, Gerste, Sonnenblume, Zuckerrübe, Tabak, Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse. Den Angaben des Staatlichen Statistikamts nach stieg der Durchschnittsertrag von Getreidepflanzen um 2,2 dt/ha im Jahre 2019. Mit 47,4 dt/ha im Jahre 2018 erreichte er 49,1 dt/ha im Jahre 2019. Der Ernteertrag anderer landwirtschaftlichen Pflanzen nahm auch spürbar zu: Winterweizen 41,7 dt/ha, Gerste 34,8 dt/ha, Mais 71,4 dt/ha, Buchweizen 13,3 dt/ha, Hirse 18,1 dt/ha, Sonnenblume 25,1 dt/ha, Soja 23,5 dt/ha.

Landwirtschaft in der Exportstruktur

Eine wesentliche Rolle spielt die Landwirtschaft auch in der Exportstruktur. Nach dem Stand zum Ende 2019 erwirtschaftete der Agrarsektor fast 40% der nationalen Devisenerlöse, wobei dieser Wert innerhalb der letzten drei Jahren stabil blieb.

Die Position der Ukraine im internationalen Export

Landwirtschaft Ukraine - DLF Rechtsanwaelte - Export aus der Ukraine Tabelle

Landwirtschaft Ukraine - DLF Rechtsanwaelte - Position der Ukraine im Weltexport Tabelle

Indem die Ukraine 90 bis 100 Mio. t Getreidepflanzen jährlich anbauet, behält die Ukraine ihre führenden Positionen in der Welt. Das Land ist dabei der drittgrößte Getreideexporteur der Welt (der Jahresexport beträgt 50 bis 60 Mio. t).

Gemäß den Angaben des Staatlichen Zolldienstes exportierte die Ukraine mit Stand per Ende April 2020 bereits etwa 50 Mio. t Getreidepflanzen, Körnerleguminosen (zusammen mit ihren Folgeprodukten) und Mehl.

Landwirtschaft Ukraine - DLF Rechtsanwaelte - Ukrainischer Export von Getreidepflanzen, Körnerleguminosen und Mehl im Marketingjahr 2019-2020 Tabelle

Struktur der landwirtschaftlichen Böden

Stand per 2019 waren in der Ukraine etwa 280 Tsd. ha der ökologisch angebauten landwirtschaftlichen Böden registriert. Der größte Anteil davon fällt auf Getreidepflanzen: 133,4 Tsd. ha oder 46% aller jeweiligen landwirtschaftlichen Böden. In den letzten 10 Jahren stieg die Anzahl der ökologisch angebauten landwirtschaftlichen Böden um 39 Tsd. ha.

 

Landwirtschaft Ukraine - DLF Rechtsanwaelte - Oekologisch angebaute landwirtschaftliche Boeden Tabelle

Agrarexport in die EU

Die Landwirtschaft bleibt nach wie vor ein Schwerpunkt für die ukrainische Regierung, insbesondere angesichts des Inkrafttretens des Assoziierungsabkommens zwischen der Ukraine und der EU sowie der Umsetzung des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens mit der EU (DCFTA).

Nach dem Inkrafttreten des Assoziierungsabkommens stieg der landwirtschaftliche Export in die EU um mehr als ein Drittel (um 37% von 4,13 Mrd. EUR im Jahre 2013 bis 5,59 Mrd. EUR im Jahre 2018, und auf 6,05 Mrd. EUR für die ersten 11 Monate 2019). Darüber hinaus belegt die Ukraine gemäß den Ergebnissen der monatlichen Agrarhandelsüberwachungen der Europäischen Kommission mit einem Exportvolumen von 7,3 Mrd. Euro den dritten Platz unter den größten Agrarlieferanten in die EU-Länder im Zeitraum vom November 2018 bis Oktober 2019.

Seit der Einführung der Freihandelszone ist es der Ukraine ab 2017 gelungen, zusätzliche Vorzugsquoten für Honig, Traubensaft, bearbeitete Tomaten, Gerstengraupe, Hafer, Weizen, Gerste und Mais zu erlangen. Ende 2019 beschloss das Europäische Parlament für die Ukraine auch eine allgemeine und bis 2021 geltende Quotenerhöhung für die zollfreie Einfuhr von Hühnerfleisch, und zwar bis zu 70 t jährlich. 2019 wurden von inländischen Exporteuren folgende Quoten völlig erfüllt: für Honig (Basis- und zusätzliche Quoten), Zucker, Gerstengraupe und Mehl, bearbeitete Stärke, konservierte Tomaten, Apfel- und Traubensäfte, Mais (Basis- und zusätzliche Quoten), Weizen, Geflügelfleisch, Butter, bearbeitete Folgeprodukte aus Getreidepflanzen und Stärke.

Landwirtschaft Ukraine - DLF Rechtsanwaelte - Größte Agrarexporteure in die Europäische Union Tabelle

Agrarlogistik

In der gegenwärtigen Dynamik von Agrarmärkten und -technologien prägt der Ausbau der Agrarlogistik die landwirtschaftliche Entwicklung der Ukraine. Die ukrainische Agrarlogistik befindet sich heute in der Entwicklungsphase. Gemäß den Angaben des Staatlichen Statistikamts der Ukraine wurden im vorigen Jahr 39,8 Mio. t Getreidepflanzen und Mahlprodukte per Eisenbahn befördert, per Flussverkehr wurden 5,2 bis 5,6 Mio. t der Getreidepflanzen ausgeführt, und auf die Kraftfahrzeuglogistik fallen 15 bis 17 Mio. t der Exportlieferungen.

Für die Erhöhung des Exportpotentials ist die Ukraine bestrebt, ihre Infrastruktur auszubauen, darunter auch Seehäfen, die zur Ausfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen geeignet sind. Die Strategie für die Erhöhung des Exportpotentials umfasst auch den Ausbau von Seehäfen sowie ihre Übergabe in die Konzession, darunter auch an ausländische Investoren. Die in die Konzession übergebenen Seehäfen „Seehandelshafen Cherson“ und „Olvia“ gelten konsequenterweise als erste Investitionsprojekte in dieser Richtung.

Der gesamte Umfang der seitens der Konzessionäre zu erwartenden Investitionen wird UAH 17,3 Mrd. (umgerechnet ca. EUR 0,58 Mrd.) für „Olvia“ und UAH 1,4 Mrd. (umgerechnet ca. EUR 47,5 Mio.) für „Seehandelshafen Cherson“ betragen.

Für die ersten drei Jahre ist geplant, in „Olvia“ einen neuen Getreideterminal mit einer Leistung von 2 Mio. t pro Jahr zu bauen (Investitionen UAH 1,56 Mrd. umgerechnet ca. EUR 52,8 Mio.) und Vermögenswerte im Seehafen „Seehandelshafen Cherson“ dringend zu modernisieren (Investitionen UAH 216 Mio, umgerechnet ca. EUR 7,3 Mio.).

Die nächste Ausschreibung steht für den Seehafen „Tschornomorsk“ mit dem Containerterminal und der Fährüberfahrt als attraktive Investitionsobjekte. Nachdem der Seehafen „Tschornomorsk“ in die Konzession übergeben worden ist, ist es geplant, Konzessionsausschreibungen auch für die Seehäfen „Mariupol“, „Berdjansk“ und „Odessa“ anzukündigen.

Investierung in die ukrainische Agrarindustrie

Dank seinem riesigen Investitionspotential bleibt die Landwirtschaft nach wie vor ein Investitionsschwerpunkt. Der Investitionsumfang im Agrarindustriekomplex innerhalb von 9 Monaten beträgt über UAH 60 Mrd. (umgerechnet ca. EUR 2 Mrd.), darunter UAH 45 Mrd. (umgerechnet ca. EUR 1,5 Mrd.) unmittelbar in der Landwirtschaft. Die Hälfte davon ist auf Viehzuchtprojekte gerichtet, insbesondere auf den Bau von Farmen. Ein wesentlicher Teil der Investitionen entfällt auch auf Schweinezuchtprojekte. Im Ackerbau wurde überwiegend in den Bau von Elevatoren sowie von Kapazitäten zum Speichern landwirtschaftlicher Pflanzen investiert.

Startups in der Agrarindustrie

Abgesehen davon, dass ausländische Investoren in den Vorteilen der landwirtschaftlichen Böden Bescheid wissen, ist die Ukraine zudem durch die Qualität und Innovationen im Agrarsektor bekannt. Ukrainische Agrarunternehmen entwickeln moderne Lösungen, die auf die Verbesserung herkömmlicher Agrarmethoden gerichtet sind und ökologische Produktionsverfahren einführen.

Schon heute gibt es in der ukrainischen Landwirtschaft neue Arbeitstechniken, die auf digitalen und technologischen Innovationen beruhen, wodurch die Effizienz landwirtschaftlicher Aktivitäten erhöht werden soll.

Der Einsatz von Drohnen im Ackerbau und überhaupt in der Landwirtschaft stellt einen aussichtsreichen Anwendungsbereich für diese Technologie dar. Unbemannte Fluggeräte (UFG) können bei der Planung und Überwachung der Phasen der landwirtschaftlichen Produktion sowie bei der chemischen Behandlung von Saaten und anderen Pflanzen wirksam verwendet werden.

Für den Einsatz von UFG ist dabei die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit entscheidend. Die UFG ermöglichen, länger Informationen zu sammeln und Vorgänge in ihrer Dynamik zu analysieren. UFG werden mit speziellen Sensoren ausgestattet, die kontaminierte Saatzonen präzise erkennen, Düngemittel gezielt einbringen und Pflanzen gießen lassen. Binnen drei Stunden kann eine Drohne eine Bodenfläche von 10 km² ansäen. Weitere Anwendungsmöglichkeiten für Drohnen sind die Überwachung und Kontrolle der Belegschaft und der Landmaschinen sowie die Bewachung der Böden. Mit Infrarotsichtgeräten, die sich auf Drohnen montieren lassen, kann die Bewachung auch nachts gewährleistet werden.

Durch die GPS-Kontrolle kann vieles erledigt werden, was noch vor kurzem unglaublich erschien. Dieses System lässt viele Parameter kontrollieren, darunter:

  • Positionen und Bewegung aller Maschinen;
  • Brennstoffverbrauch beim Fahren, Brennstoffverbrauch im Stillstand, Brennstoffverbrauch bei Feldarbeiten, Brennstoffverbrauch pro 1 ha bebauter Fläche usw.;
  • Einfahrts- und Ausfahrtszeiten bei Feldarbeiten, Stillstandszeiten sowie Feldarbeitsdauer;
  • Fläche von bebauten Feldern.

Das System erlaubt daneben:

  • Karten von Feldern aufzuzeichnen oder diese aus anderen kartographischen Softwares zu importieren;
  • die Geschichte der Bebauung von Feldern zu erfassen und den Wechsel von landwirtschaftlichen Pflanzen zu verfolgen;
  • Anbaugeräte automatisch zu identifizieren und Arten der zu erledigenden Arbeiten zu bestimmen;
  • Fahrer automatisch zu identifizieren, um deren Arbeitszeiten zu erfassen;
  • Preise für Arbeiten vorzugeben, um Kosten für erledigte Arbeiten vorläufig zu berechnen; und
  • geplante Feldarbeiten mit tatsächlich erledigten Feldarbeiten zu vergleichen.

Hier sind auch einige Beispiele moderner IT-Produkte, von denen ukrainische Agrarunternehmen Gebrauch machen:

  • METEOTREK – Produkt für die Überwachung von Witterungsbedingungen, für die Planung technologischer Operationen in der Agrarproduktion und für die Modellierung von Krankheitsrisiken bei Pflanzen;
  • PROFEED – komplexes Überwachungs- und Steuersystem für die Tierfütterung an Fleisch- und Milchfarmen. Sie hilft, den Geschäftsverkehr zu optimieren und Futter effizient zu verwenden;
  • FAMEWS – Applikation mit einem Kontroll- und Frühwarnsystem gegen Leucania loreyi.

Eröffnung des Bodenmarktes in der Ukraine

Eine weitere Voraussetzung für die Heranziehung von Investitionen in die Landwirtschaft stellt die Eröffnung des Bodenmarktes in der Ukraine dar. In den ersten zweieinhalb Jahren gilt die Einschränkung beim Bodenerwerb: maximal 100 ha pro Person. Ab 2024 wird die Einschränkung 10 Tsd. ha pro Person betragen.

Ausländer und ausländische Unternehmen dürfen inzwischen als offizielle Bodeneigentümer nicht auftreten, und nur im Rahmen eines allukrainischen Referendums wird es beschlossen, ob die Böden an Ausländer verkauft werden müssen oder nicht, aber selbst die Tatsache der Eröffnung des Bodenmarktes ist ein bedeutender Schritt zur Weiterentwicklung des Agrobusiness in der Ukraine.

Agrarindustrie und COVID-19

Die COVID-19-Pandemie wurde zu einem großen Schock für die Welt- und europäische Wirtschaft. Die Weltwirtschaft wird zum ersten Mal mit einer wirtschaftlichen und finanziellen Krise konfrontiert, die durch den gesundheitsbezogenen Wirtschaftsrückgang hervorgerufen worden ist.

Zusammen mit anderen Mitgliedsstaaten der Welthandelsorganisation unterstützte die Ukraine eine gemeinsame Erklärung über die Gewährleistung des offenen und prognostizierbaren Handels mit Landwirtschaftserzeugnissen und Nahrungsmitteln im Rahmen der COVID-19-Pandemie. Die Autoren der gemeinsamen Erklärung drückten unter anderem ihr Bestreben zur Gewährleistung der Offenheit und der Unteilbarkeit der Lieferketten aus, damit der internationale Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Ressourcen weiterhin ordnungsgemäß funktioniert, wodurch der Verhütung der Nahrungsknappheit und der Gewährleistung der globalen Nahrungssicherheit wesentlich beigetragen wird; sie befürworteten, dem Export von landwirtschaftlichen Erzeugnissen keine Einschränkungen aufzuerlegen und auf die Einführung von unbegründeten Handelshemmnissen gegen landwirtschaftliche und Agrarerzeugnisse sowie gegen Ressourcen, die für die landwirtschaftliche Produktion essentiell sind, zu verzichten.

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