Entwicklung und Prüfung von Waffenmodellen in der Ukraine
Einleitung
1. Prozesslogik
2. Was wird geprüft?
3. Entscheidung der Kommission, Zulassung und Konsequenzen für die Versorgung
4. Prüfung im Feld (sog. Feldvalidierung) ohne vollständigen Testzyklus
5. Kodifizierung
6. Praktische Auswirkungen auf Verträge und Planung
Der Prozess der Entwicklung und Prüfung von Waffen in der Ukraine ist rechtlich sehr komplex.
Die Regeln für die Durchführung von staatlichen Tests für inländische und ausländische Modelle enthalten verschiedene Verordnungen des Ministerkabinetts der Ukraine. Für inländische Modelle gibt es ein Verfahren, das den allgemeinen Mechanismus für die Organisation und Durchführung von Tests von Waffen und militärischer Ausrüstung festlegt. In diesem Verfahren sind die Rollen, Dokumente und Entscheidungen formalisiert, und es ist festgelegt, wer Tests initiiert, wer Protokolle unterzeichnet und was als erfolgreiches Testergebnis gilt.
Für im Ausland hergestellte Modelle gilt ein gesonderter Beschluss des ukrainischen Ministerkabinetts, der ein Mechanismus für die Prüfung, Inbetriebnahme und Lieferung dieser Modelle festlegt. Dieser Beschluss regelt insbesondere das Verfahren für Funktions- und Betriebstests sowie die endgültige Entscheidung.
Die organisatorischen Einzelheiten und der Dokumentenfluss bei den Testverfahren werden durch einen Erlass des Verteidigungsministeriums geregelt. Mit diesem Erlass wird eine Anweisung genehmigt, die das allgemeine Verfahren für die Organisation von Maßnahmen zur Vorbereitung und Durchführung von Tests für experimentelle Prototypen (Komplexe, Systeme) von Waffen, militärischem und speziellem Gerät sowie deren Komponenten und speziellen Bauteilen für Reparatur und Betrieb festlegt. Die Anweisung synchronisiert die Planungs- und Entwicklungsschritte mit den gesetzlichen Anforderungen und definiert, welche Dokumente vor Beginn der Tests zu erstellen sind.
Gleichzeitig gibt es einen speziellen Fristenmechanismus, der einen rechtlichen Rahmen für ein Schnellverfahren bei der Inbetriebnahme schafft, wenn sofortige Lösungen erforderlich sind. Seine Anwendung hebt das Register der Protokolle und Bewertungen zwar nicht auf, ermöglicht in kritischen Situationen jedoch ein schnelleres Handeln.
1. Prozesslogik
Der Prozess beginnt mit der Formulierung eines Lastenhefts bzw. eines technischen oder taktisch-technischen Anforderungskatalogs (ukr.:„taktisch-technische Aufgabe (TTA)“ – „ТТЗ“). Das Lastenheft muss vom staatlichen Auftraggeber genehmigt werden. Es muss messbare Indikatoren, Einsatzbedingungen und Sicherheitsgrenzwerte enthalten. Die Vorschriften des ukrainischen Verteidigungsministeriums schreiben vor, dass Testprogramme mit dem TTA und dem Regierungsauftrag verknüpft werden müssen.
Im nächsten Schritt folgt die Entwicklungsarbeit. Der Entwickler erstellt Prototypen, entwickelt Methoden und wählt Messgeräte mit gültiger metrologischer Zertifizierung aus. Dies ist wichtig für die spätere Dokumentation des Prozesses. Die gesetzliche Regelung gilt nicht nur für Neukonstruktionen. Sie gilt auch für Modernisierungen und Probereparaturen, für die eigene Methoden und Programme erforderlich sind.
Sobald das Programm vorliegt, werden die Tests eingeleitet. Für inländische Entwicklungen legen die Rechtsvorschriften den allgemeinen Mechanismus für die Organisation und Durchführung von Prüfungen sowie die Zusammensetzung der Kommissionen und die Form der Unterlagen fest. Bei importierten Entwürfen gibt es eine Unterteilung in Funktions- und ggf. Betriebstests. Die Funktionstests werden von einer Kommission des staatlichen Auftraggebers durchgeführt, um die für die beabsichtigte Verwendung relevanten Indikatoren zu ermitteln.
Das Ergebnis der Prüfungen wird in der Stellungnahme der Kommission dargelegt. Diese ebnet entweder den Weg für die Zulassung bzw. Lieferung oder erlegt Aufgaben zur Überarbeitung auf. Während des Kriegsrechts oder anderer Notstandssituationen trifft der staatliche Auftraggeber die Entscheidung über die Notwendigkeit eines beschleunigten Abschlusses der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für die Entwicklung von Mustern hergestellter und in der Vorprüfung befindlicher Verteidigungsgüter, wenn ein dringender Bedarf besteht.
Zu beachten ist, dass interne Tests des Entwicklers zwar notwendig sind, aber die staatlichen oder ministeriellen Tests nicht ersetzen.
2. Was wird geprüft?
Bei unbemannten Luftfahrzeugen werden insbesondere die Kanalstabilität, die Reichweite, die Überlebensfähigkeit der Navigation, die Qualität der Nutzlast und die Betriebssicherheit geprüft. In Bereichen der aktiven elektronischen Kriegsführung wird der Störfestigkeit und dem Betrieb in sich wiederholenden Kommunikationsszenarien besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Die Tests für importierte und inländische Plattformen unterliegen unterschiedlichen Vorschriften.
Bei Geräten für die elektronische Kampfführung sind die wichtigsten Themen die elektromagnetische Verträglichkeit, die spektralen Parameter, die Strahlungswerte, die Sicherheit des Personals sowie die Kompatibilität mit Kommunikations- und Kontrollsystemen.
Für Handfeuerwaffen ist eine Prüfung der technischen Lebensdauer von Schusswaffen vorgeschrieben. Dabei werden die Zuverlässigkeit der Waffe, die Sicherheit des Schützen, die Streuung, der Laufverschleiß und die Beständigkeit gegen Verunreinigungen geprüft. Die Munition wird hinsichtlich ihrer ballistischen Parameter, ihrer Empfindlichkeit, der Stabilität ihrer Chargenmerkmale und ihrer Kompatibilität mit Standardsystemen geprüft. Das Format der Protokolle und Feststellungen wird durch die einschlägigen Vorschriften bestimmt.
Bei bodengestützten Plattformen werden das Fahrgestell, das Getriebe, die Stromversorgung, die Integration der Kommunikationskanäle, die Interaktion mit den Bordsystemen sowie die Kompatibilitätsmodule geprüft. Wenn die Plattform repariert oder aufgerüstet wurde, wird die Logik der „Probereparatur“ mithilfe separater Programme und Methoden angewendet. Mithilfe dieser Programme kann die Fähigkeit des Produkts dokumentiert werden, in bestimmten Zyklen und unter bestimmten Belastungen zu funktionieren.
3. Entscheidung der Kommission, Zulassung und Konsequenzen für die Versorgung
Auf Grundlage der Prüfergebnisse gibt die staatliche Kommission eine Stellungnahme ab. Sie kann die Abnahme für den Betrieb oder die Lieferung empfehlen oder durch Wiederholungsprüfungen Verbesserungen festlegen.
In einem besonderen Zeitraum kann ein spezielles Verfahren angewendet werden, um das Produkt schnellstmöglich zur Verwendung zuzulassen, beispielsweise wenn dringend Einheiten gestärkt werden müssen. Aber auch bei diesem Modell bleiben die Dokumente, die die Verwendung und die erzielten Eigenschaften bestätigen, obligatorisch. Der formale Teil entfällt nicht, nur das Tempo wird angepasst.
4. Prüfung im Feld (sog. „Feldvalidierung“) ohne vollständigen Testzyklus
Während des groß angelegten Krieges kam die Praxis der Prüfung im Feld, der sog. „Feldvalidierung“, auf. Sie wurde unter der Schirmherrschaft der staatlichen Plattform BRAVE1 als Initiative „Test in der Ukraine“ öffentlich vorgestellt.
Nach diesem Modell entsenden Unternehmen ihre Produkte und führen Schulungen durch. Anschließend geben die Militäreinheiten auf der Grundlage des tatsächlichen Kampfeinsatzes Feedback.
Der rechtliche Status der Feldvalidierung beruht auf allgemeinen Vorschriften. Ein formelles „Gesetz zur Feldvalidierung“ gibt es nicht. In Kriegszeiten ist es jedoch möglich, eine beschleunigte Lieferung und Zulassung zu beschließen. In diesem Fall dienen Kampfberichte, Telemetrie- und Bestätigungsmaterialien als Datenquelle für eine operative Entscheidung.
Die Zulässigkeit eines solchen Verfahrens beruht auf der Notwendigkeit, innerhalb einer bestimmten Frist umgehend zu reagieren. Dies schließt eine weitere Formalisierung der Protokolle jedoch nicht aus. Nach der Validierung muss die Probe noch den Dokumentationszyklus durchlaufen, um in den regulären Umlauf aufgenommen und kodifiziert zu werden.
Die Risiken der Feldvalidierung sind offensichtlich. Das erste ist die Unvollständigkeit des Messwesens. Unter Kampfbedingungen ist es schwierig, die Kalibrierung aller Messgeräte zu gewährleisten. Zweitens fehlt es an einer vollständigen Zusammensetzung von Kommissionen und festen Methoden. Drittens ist da die Verantwortung für das Versagen oder den Verlust einer Probe. Viertens sind es die Zollregelungen und Sanktionsbeschränkungen für Komponenten.
5. Kodifizierung
Die Kodifizierung von Versorgungsgütern nach NATO-Standards ist eine rechtliche und technische Regelung, die die Beschaffung von Verteidigungsgütern berechenbarer, transparenter und interoperabler macht.
Die Ukraine ist in das Kodifizierungssystem der Stufe Tier 2 der NATO integriert und führt seit 2019 ihre eigen Kodifizierung durch. Dabei werden die Daten in den internationalen Katalog übertragen. Grundlage für die Kodifizierung kann ein Akt der gemeinsamen ressortübergreifenden Prüfung sein, der die Einhaltung der technischen Spezifikationen sowie der taktischen und technischen Merkmale der Ausrüstung bestätigt.
6. Praktische Auswirkungen auf Verträge und Planung
Die vertraglichen Bestimmungen sollten an Prozessereignisse geknüpft sein. Dazu gehören das Testprogramm, die endgültige Stellungnahme der Kommission, die Kodifizierung sowie die Lieferung. Dadurch wird das Risiko von Streitigkeiten über Zahlung und Zeitplan verringert.
Das Gesetz über die Beschaffung von Verteidigungsgütern schafft einen Rahmen für diesen Ansatz und besondere Regierungsbeschlüsse in Kriegszeiten ermöglichen vereinfachte Verfahren, ohne dass Qualitätsanforderungen und Protokolle aufgehoben werden. In der Praxis bedeutet dies, dass die Dokumente parallel zu den technischen Phasen erstellt werden sollten.