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16. März 2024

Die rechtliche Stellung von medizinischem Cannabis in der Ukraine

Einleitung
1. Rechtliche Grundlagen
2. Was bedeutet die Legalisierung von medizinischem Cannabis?
3. Was versteht man unter medizinischem Cannabis in der Ukraine?
4. Anbau von medizinischem Cannabis
5. Was unterliegt einer Lizenzpflicht?
6. Wie wird der Umlauf von medizinischem Cannabis zurückverfolgt?

 

In der Ukraine wurde ein Gesetz verabschiedet, das den Weg für die Verwendung von medizinischem Cannabis frei macht. Das Gesetz wurde am 15. Februar 2024 veröffentlicht und wird sechs Monate nach seiner Verkündung, also am 16. August 2024, in Kraft treten.

1. Rechtliche Grundlagen von medizinischem Cannabis in der Ukraine

Zunächst muss darauf hingewiesen werden, dass es bisher in der Ukraine kein spezielles Gesetz gab, das sich ausschließlich mit dem Thema Cannabis befasste. Das am 15. Februar 2024 veröffentlichte Gesetz (im Folgenden „Cannabisgesetz“) wird auch in den Medien als Cannabisgesetz (Gesetz über die Legalisierung von Cannabis usw.) bezeichnet. Mit dem Cannabisgesetz wurde lediglich eine Reihe von Vorschriften über den Umlauf von Betäubungsmitteln und Vorläuferstoffen (Präkursoren) geändert.

Die grundlegende Rechtsvorschrift für die Regulierung von medizinischem Cannabis in der Ukraine ist und bleibt immer noch das ukrainische Gesetz „Über Betäubungsmittel, psychotrope Stoffe und Präkursoren“, auf dessen Grundlage und in Übereinstimmung mit ihm die überwiegende Mehrheit der Rechtsakte erlassen wird.

Eine Reihe von Vorschriften, auf die sich das Cannabisgesetz bezieht, müssen noch ausgearbeitet werden (bezüglich der Freigabe, Herstellung und Verwendung von Arzneimitteln aus Cannabispflanzen in der medizinischen Praxis, Anforderungen an den Anbau von Cannabispflanzen usw.).

Es liegt auf der Hand, dass all diese Regelungen erhebliche Auswirkungen auf die praktische Umsetzung der Änderungen im Zusammenhang mit der Legalisierung von Cannabis in der Ukraine haben können. Der vom Cannabisgesetz vorgegebene Rahmen bietet jedoch bereits jetzt eine Orientierungshilfe bei der Planung von Investitionen in diese für die Ukraine neue Branche.

2. Was bedeutet die Legalisierung von medizinischem Cannabis in der Ukraine?

Erstens bedeutet die Legalisierung von medizinischem Cannabis keinen Freibrief für einen weit verbreiteten und unkontrollierten Konsum. Das Cannabisgesetz definiert einen solchen Konsum als „Freizeitkonsum“ und meint damit den Konsum von Betäubungsmitteln, psychotropen Substanzen, Cannabispflanzen (und Teilen davon) ohne ärztliche Verschreibung und aus Gründen, die nicht mit der medizinischen Verwendung zusammenhängen. Der Verkauf von Cannabispflanzen und ihren Derivaten mit einem beliebigen Tetrahydrocannabinol-Gehalt für den Freizeitkonsum ist verboten.

Zweitens soll der Verkauf von medizinischem Cannabis und seinen Derivaten über Apotheken erfolgen, sofern diese über eine entsprechende Lizenz verfügen. Der Einzelhandelsverkauf von cannabishaltigen Arzneimitteln soll ausschließlich auf der Grundlage eines von einem Arzt ausgestellten elektronischen Rezepts erfolgen.

Bei der Ausstellung eines solchen Rezeptes ist der Arzt verpflichtet, den Patienten über die möglichen Folgen der Anwendung von Arzneimitteln auf Cannabisbasis, einschließlich der Indikationen, Kontraindikationen und möglichen Nebenwirkungen, aufzuklären.

Gleichzeitig werden alle Informationen über die Abgabe von Cannabisarzneimitteln im elektronischen Gesundheitssystem erfasst.

Drittens bedeutet die Legalisierung von Cannabis in der Ukraine nicht die Aufhebung der Beschränkungen für seinen Umlauf (Anbau, Lagerung, Vertrieb usw.), sondern lediglich die Überführung von Cannabis aus der Kategorie „besonders gefährliche Betäubungsmittel (oder Präkursoren), deren Umlauf verboten ist“, in die Kategorie „Betäubungsmittel (oder Präkursoren), deren Umlauf beschränkt ist“.

Darüber hinaus wird mit dem Cannabisgesetz eine neue Liste eingeführt, nämlich „Pflanzen, die Betäubungsmittel und psychotrope Stoffe enthalten, deren Umlauf für erzieherische, pädagogische, wissenschaftliche und technische Zwecke sowie für die Herstellung von Betäubungsmitteln, psychotropen Stoffen und Arzneimitteln zur weiteren Verwendung in der medizinischen Praxis erlaubt ist“. Die Bezeichnung dieser Liste spiegelt nahezu das gesamte Spektrum des in der Ukraine zugelassenen medizinischen Cannabis wider.

Diese Liste enthält Pflanzen der Gattung Cannabis, die

  • aus konditioniertem und zertifiziertem Saatgut gezogen wurden, das mindestens der 2. Generation entspricht,
  • deren Tetrahydrocannabinol-Gehalt im getrockneten Stängel mindestens 0,3 % beträgt, sowie
  • zur Herstellung von Arzneimitteln verwendet werden.

Zusammenfassend bedeutet die Legalisierung von Cannabis in der Ukraine, dass die Cannabisproduktion und dessen Verbrauch möglich, aber durch das Cannabisgesetz und Sondervorschriften eingeschränkt sein werden. Cannabisarzneimittel werden nur in Apotheken zu bekommen sein, und dessen Anbau wird ausschließlich unter Einhaltung komplexer und kostspieliger Auflagen und Bedingungen zugelassen.

3. Was versteht man unter medizinischem Cannabis in der Ukraine?

Es sollte klar sein, dass alle Begriffe, die sich auf die Regulierung von medizinischem Cannabis in der Ukraine beziehen, ausschließlich in ihrer Auslegung durch das ukrainische Recht verwendet werden sollten. Dies ist besonders wichtig für Investoren, die bereits Erfahrungen in diesem Sektor in anderen Ländern gesammelt haben und die aufgrund der Begrifflichkeit, die in den Gesetzen anderer Länder verwendet wird, ein falsches Verständnis von ihren möglichen Aktivitäten in der Ukraine entwickeln könnten.

In der Ukraine gelten folgende Begriffsbestimmungen:

  • „Cannabis“ bezeichnet die Spitzen von Cannabispflanzen mit Blüten oder Früchten (ausgenommen Samen und Blätter, sofern sie keine Spitzen enthalten), von denen das Harz nicht getrennt wurde. Die Bezeichnung dieser Pflanzenspitzen ist dabei irrelevant;
  • „Cannabispflanze“: jede Pflanze der Gattung Cannabis;
  • „Hanf für medizinische Zwecke“: Pflanzen der Gattung Cannabis, die aus konditioniertem und zertifiziertem Saatgut mindestens der zweiten Generation gezogen werden. Diese Pflanzen müssen zur Gruppe der Arzneipflanzen und zur Liste der Betäubungsmittel, psychotropen Stoffe und Präkursoren gehören, die in der Gesetzgebung der Ukraine festgelegt sind. Die Konzentration von Tetrahydrocannabinol im getrockneten Stängel dieser Pflanzen muss mindestens 0,3 % betragen. Diese Pflanzen sind für die Herstellung von Arzneimitteln zu verwenden;
  • „Cannabis-Pflanzenstoff“ ist ein aktiver pharmazeutischer Wirkstoff (API), der zu medizinischen Zwecken aus Hanf hergestellt oder in die Ukraine eingeführt wird. Dieser Wirkstoff muss im staatlichen Arzneimittelregister eingetragen und für die Produktion von Medikamenten zugelassen werden;
  • „Cannabisharz“ ist das von der Cannabispflanze abgetrennte, unraffinierte oder raffinierte Harz;
  • „Präparat“ ist eine Mischung von Stoffen in einem beliebigen Aggregatzustand, die ein oder mehrere Betäubungsmittel (psychotrope Stoffe, Präkursoren, Pflanzen), die in der durch die Gesetzgebung der Ukraine festgelegten Liste aufgeführt sind, oder von diesen abgeleitete Stoffe enthält (soweit der Umlauf dieser Stoffe durch das Gesetz „Über Betäubungsmittel, psychotrope Stoffe und Präkursoren“ geregelt ist).

4. Anbau von medizinischem Cannabis in der Ukraine

Unter Cannabisanbau (Kultivierung) versteht man in der Ukraine die Aussaat und Aufzucht von Cannabispflanzen. Der Anbau von Cannabispflanzen für medizinische Zwecke erfolgt auf der Grundlage einer speziellen Lizenz, die von den Unternehmen unabhängig von der Form ihres Eigentums erworben werden muss. Der Anbau von Cannabis ist nur juristischen Personen erlaubt.

Der Anbau von Cannabispflanzen muss in einem geschlossenen Bodensystem unter Verwendung von konditioniertem und zertifiziertem Saatgut ab der zweiten Generation erfolgen. Der Erwerb von Saatgut hat nach dem gesetzlich festgelegten Verfahren zu erfolgen.

Ein wichtiges begleitendes Verfahren beim Anbau von medizinischem Cannabis ist die Bestimmung der Tetrahydrocannabinol-Konzentration im getrockneten Hanfstängel.

Dies kann für den Erfolg des Cannabisanbaus entscheidend sein, da die Ernte verboten ist, solange die Ergebnisse der Laboruntersuchung nicht vorliegen.

Die Bestimmung der Konzentration von Tetrahydrocannabinol in getrocknetem Hanfstängel erfolgt durch Laboruntersuchungen von Hanfpflanzenproben durch spezialisierte Unternehmen oder staatliche Facheinrichtungen.

Als Probe für die Laboranalyse (Untersuchung) gilt das gepflückte (abgeschnittene) obere Drittel der Pflanze mit mindestens einem weiblichen Blütenstand, das für den weiteren Transport zur Untersuchung einzeln verpackt wird.

Die Probeentnahme erfolgt unter Beteiligung der ukrainischen Nationalpolizei nach festgelegten Verfahren:

  • während der Blütezeit der Hanfpflanze zur Bestimmung des prozentualen Gehalts an Betäubungsmitteln oder psychotropen Stoffen – Verfahren „A“;
  • innerhalb von 10 Tagen nach Ende der Blütezeit der Hanfpflanze (Cannabis) zur Durchführung einer zusätzlichen Laboranalyse bei Überschreitung der zulässigen Höchstkonzentration von Betäubungsmitteln oder psychotropen Stoffen – Verfahren „B“.
    Um die Entnahme von Proben für Laboruntersuchungen zu organisieren, wird von einem Unternehmen, das Cannabis für medizinische Zwecke anbaut, ein Antrag gestellt. Nach ukrainischem Recht darf die Dauer der Durchführung von Laboranalysen (Untersuchungen) von Proben der Hanfpflanze (Cannabis) 5 Arbeitstage nach Verfahren „A“ bzw. 10 Arbeitstage nach Verfahren „B“ nicht überschreiten.

Die Besitzer einer Lizenz für den Anbau oder die Verwendung von Cannabispflanzen sind verpflichtet, Maßnahmen zum Schutz der Anbauflächen, der Lagerstätten und der Verarbeitungsanlagen zu ergreifen. Darüber hinaus müssen sie die Orte, an denen diese Tätigkeiten ausgeführt werden, einer Videoüberwachung unterziehen und der Landespolizei rund um die Uhr kostenlosen Zugang zu den Videoüberwachungsdaten gewähren.

Die Überwachung wird durch Sicherheitseinheiten der ukrainischen Nationalpolizei gewährleistet. Ein Unternehmen, das Cannabis anbaut, muss einen Vertrag mit der Nationalpolizei abschließen.

Um die Einhaltung der Vorschriften für die Lagerung, den Anbau, die Verbuchung und den Umgang mit medizinischem Cannabis zu kontrollieren, inspiziert die Nationalpolizei die Einrichtungen und Räumlichkeiten, die für den Anbau von medizinischem Cannabis bestimmt sind. Eine solche Kontrolle erfolgt planmäßig, höchstens einmal im Jahr, unter Beteiligung der Unternehmensleitung.

5. Was unterliegt einer Lizenzpflicht?

Lizenzpflichtig sind Anbau, Entwicklung, Produktion, Herstellung, Lagerung, Transport, Erwerb, Verkauf (Abgabe), Einfuhr in die Ukraine, Ausfuhr aus der Ukraine, Verwendung und Vernichtung von Cannabispflanzen und daraus gewonnenen Substanzen (Präparaten, Arzneimittel) sind.

Lizenzen für diese Arten von Tätigkeiten müssen von juristischen Personen etwaiger Eigentumsformen erworben werden.

Darüber hinaus erfolgt die Produktion, Herstellung, Lagerung, Einfuhr in die Ukraine und Ausfuhr aus der Ukraine von medizinischem Cannabis im Rahmen der von der Regierung der Ukraine festgelegten Quoten.

6. Wie wird der Umlauf von medizinischem Cannabis zurückverfolgt?

Nach ukrainischem Recht wird die Rückverfolgbarkeit des Umlaufs von Hanf für medizinische Zwecke, dessen Verarbeitungsprodukten, des Cannabis-Pflanzenmaterials und der daraus hergestellten Arzneimittel durch folgende Maßnahmen sichergestellt:

  • Verwendung von konditioniertem und zertifiziertem Saatgut für den Anbau von Hanf für medizinische Zwecke;
  • Beschaffung dieses Saatguts nach dem gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren;
  • Kennzeichnung jeder Hanfpflanze für medizinische Zwecke, jeder Charge ihrer Verarbeitungsprodukte und jeder Einheit verpackter Produkte mit einem eindeutigen elektronischen Identifikator. Der Kennzeichnungspflicht unterliegen auch der Cannabis-Pflanzenstoff und die in Apotheken hergestellten Arzneimittel;
  • Abgabe von den aus medizinischem Hanf oder dem Cannabis-Pflanzenstoff hergestellten (erzeugten) Arzneimitteln an Privatpersonen ausschließlich nach ärztlicher Verschreibung und medizinischer Indikation gemäß einem elektronischen Rezept;
  • Unterhalt des elektronischen Informationssystems zur Erfassung der zu medizinischen Zwecken angebauten Hanfpflanzen. In diesem System werden auch allfällige Transporte von Cannabispflanzen, deren Verarbeitungsprodukten, dem Cannabis-Pflanzenstoff und den daraus hergestellten Arzneimitteln erfasst.

Die Änderungen der ukrainischen Gesetzgebung in Bezug auf medizinischen Cannabis eröffnen neue Möglichkeiten für Patienten, die auf eine Behandlung mit medizinischem Cannabis angewiesen sind, sowie für Investoren und Unternehmen, die an der Entwicklung dieser neuen Industrie auf dem ukrainischen Markt beteiligt sein können. In Deutschland zum Beispiel, wo medizinischer Cannabis vor sechs Jahren legalisiert wurde, wird der Markt für Cannabis als Arzneimittel auf über 300 Millionen Euro geschätzt, was ein beträchtliches wirtschaftliches Potenzial darstellt.

Mit einem prognostizierten Wachstum von 250 Millionen Euro bis 2028 wird der ukrainische Markt für medizinischen Cannabis als beachtlich und attraktiv für Unternehmen aus Europa, aber auch aus Kanada und den USA angesehen.

Die tragischen Umstände der großangelegten Invasion der Russischen Föderation in die Ukraine verdeutlichen das Potenzial von medizinischem Cannabis bei der Behandlung von Kriegstraumata, einschließlich posttraumatischer Belastungsstörungen (PTSD).

Angesichts der hohen gesellschaftlichen Traumatisierung durch den Krieg in der Ukraine ist damit zu rechnen, dass Cannabis zu einem wichtigen Mittel zur Linderung der physischen und psychischen Leiden von Millionen von Menschen wird.

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