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20. Januar 2022

Antikorruptionsklauseln in Agrarverträgen in der Ukraine

Einleitung
1. Praktische Ziele von Antikorruptionsklauseln
2. Instrumente zur Umsetzung von Antikorruptionsklauseln
3. Abfassung von Antikorruptionsklauseln
4. Lohnt es sich, Antikorruptionsklauseln in Verträge aufzunehmen?
5. Was muss bei Antikorruptionsklauseln berücksichtigt werden?

 

Bis 2014 waren Antikorruptionsklauseln hauptsächlich in internationalen Verträgen zwischen ukrainischen Agrarunternehmen und großen Getreidehändlern, Lieferanten, Logistikunternehmen sowie Finanzinstitutionen amerikanischer oder britischer Herkunft zu finden.

Mit dem im Jahre 2014 in der Ukraine verabschiedeten Gesetz über die Korruptionsprävention finden Antikorruptionsklauseln auch in ukrainischen Verträgen ihre intensive Anwendung. Im Grunde genommen hat der Staat auf diese Weise die Privatwirtschaft in der Korruptionsbekämpfung engagiert. Antikorruptionsklauseln in Verträgen sind unter solchen Bedingungen schon keine Formalität mehr und können Unternehmen sowohl vor Risiken schützen, wie auch deren Eintritt verursachen.

Die Anwendung von Antikorruptionsklauseln in sowohl internationalen, als auch ukrainischen Agrarverträgen kann zwar Unternehmen vor Korruptionsrisiken schützen, aber durch diese werden den Unternehmen auch bestimmte Verpflichtungen auferlegt, woraus eine Haftung resultieren kann. Eine wirksame Anwendung von Antikorruptionsklauseln in Agrarverträgen basiert auf einem vernünftigen Gleichgewicht von eventuellen Vorzügen und möglichen Folgen der übernommenen Verpflichtungen.

Um ein solches Gleichgewicht zu erreichen, ist es wichtig, das Ziel, die Umsetzungsmethoden, die Abfassungsbesonderheiten und die Auswirkungen bei der Aufnahme von Antikorruptionsklauseln in Verträge klar zu verstehen.

1. Praktische Ziele von Antikorruptionsklauseln

Der Staat, wenn er bestimmte internationale politische Ziele nicht erreichen kann (in diesem Fall geht es um die Korruptions- und Bestechungsbekämpfung), verlagert die Verantwortung für deren Erreichung auf die Privatwirtschaft. Auf diese Weise wird das kommerziell vage Ziel in die durchaus realen Ziele umgewandelt:

  • Übereinstimmung der Unternehmenstätigkeit mit den Anforderungen des Antikorruptionsrechts. Amerikanische und britische Unternehmen sollen beispielsweise über Antikorruptionsrichtlinien verfügen und diese durchsetzen. Auch ukrainische Staatsunternehmen und Unternehmen, die mit dem Staatshaushalt aktiv kooperieren, sollen ihre Antikorruptionsprogramme entwickeln und umsetzen. Solche Unternehmen müssen im Rahmen von für sie obligatorischen Programmen und Richtlinien Antikorruptionsklauseln in ihre Verträge aufnehmen;
  • Übereinstimmung mit den Anforderungen von Vertragspartnern. Zum Beispiel, wenn es um den Abschluss von Agrarverträgen mit Getreidehändlern oder großen Lieferanten geht, die nach amerikanischem (The US Foreign Corrupt Practices Act) oder britischem (UK Bribery Act) Recht tätig sind, sind Antikorruptionsklauseln ein Muss. Gleiches gilt auch für den Abschluss von Verträgen mit ukrainischen Staatsunternehmen oder im Rahmen von öffentlichen Ausschreibungen;
  • Möglichkeit der Vertragskündigung, wenn seine Bedingungen auf eine kommerzielle Bestechung oder auf eine andere Art des Korruptionsdelikts zurückzuführen sind;
  • Schaffung von Verhaltensstandards in den Beziehungen zwischen Vertragspartnern, so dass sie gegen diese nicht verstoßen können, ohne unter vertragliche Sanktionen zu fallen;
  • Möglichkeit des sofortigen Rückzugs aus toxischen Geschäftsbeziehungen, wenn Vertragspartner an Korruptionsskandalen beteiligt sind.

2. Instrumente zur Umsetzung von Antikorruptionsklauseln

Traditionell werden Antikorruptionsklauseln auf mehrere Weisen umgesetzt:

  • Durchführung von Prüfungen bei Vertragspartnern, inwieweit ihre Tätigkeiten mit den Grundsätzen der Antikorruptionspolitik übereinstimmen;
  • einseitige Vertragskündigung und Schadenersatzforderung;
  • Erstattung von Anzeigen bei Strafverfolgungsbehörden, wenn sich irgendwelche bestätigenden Erklärungen von Vertragspartnern als wissentlich falsch erweisen;
  • Inanspruchnahme von gerichtlichen oder schiedsgerichtlichen Einrichtungen auf Ersatz von durch die Vertragskündigung auf der Grundlage von Antikorruptionsklauseln entstandenen Schäden.

3. Abfassung von Antikorruptionsklauseln

Es gibt keine klaren Vorgaben zum Inhalt von vertraglichen Antikorruptionsklauseln. Bei der Abfassung oder Analyse von vertraglichen Antikorruptionsklauseln sollte die bereits bestehende Praxis berücksichtigt werden. Als Quelle dieser Praxis kann die Musterantikorruptionsklausel dienen, die im Jahre 2012 durch die Internationale Handelskammer herausgegeben wurde.

Normalerweise sollte bei der Abfassung oder Analyse von Antikorruptionsklauseln Folgendes beachtet werden:

  • Antikorruptionsklauseln bestehen aus bestätigenden Erklärungen (zu Umständen, die früher bestanden), Covenants (Verpflichtungen, bestimmte Handlungen vorzunehmen oder diese künftig zu unterlassen) und Garantien (zu Umständen, die den aktuellen Stand der Parteien bestimmen).

Zum Beispiel: „Jede Partei erklärt dabei zugunsten der anderen Partei, dass die Partei, ihre Vertreter, Leiter oder Mitarbeiter zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrags keine illegalen Gewinne oder Vorteile auf jede vertragsbezogene Weise angeboten, versprochen, geleistet oder akzeptiert haben sowie niemanden zu deren Leistung bevollmächtigt haben sowie deren Leistung nicht organisiert haben (oder keine Andeutungen darauf gemacht haben, dass es möglich wäre, das Aufgeführte in der Zukunft zu erledigen) (bestätigende Erklärung). Eigentümer oder Begünstigte der Partei sind als Beamte nicht angestellt und beabsichtigen es nicht, als Beamte innerhalb der Dauer dieses Vertrags angestellt zu werden (Garantie). Die Parteien werden zumutbare Anstrengungen unternehmen, um die Vornahme der genannten Handlungen durch die oben erwähnten Personen sowie durch Unterauftragnehmer, Vertreter und alle Dritten, die unter Kontrolle oder unter dem bestimmenden Einfluss der Partei stehen, zu verhindern (Covenant);

  • Antikorruptionsklauseln müssen die darin verwendeten Begriffe klar definieren (Beamte, illegaler Gewinn, kommerzielle Bestechung, Geschenk usw.). Zum Beispiel: „Als illegaler Gewinn werden Geldmittel, deren Äquivalente, Dienstleistungen, Waren oder sonstiges Vermögen, Vorteile, Privilegien, immaterielle Vermögenswerte, jedes andere immaterielle Einkommen oder Sacheinkommen angesehen, die ohne Rechtsgrund versprochen, angeboten, bereitgestellt oder erhalten werden, um eine Person zu unangemessenen Handlungen anzustiften oder angemessene Handlungen zu unterlassen“;
  • Antikorruptionsklauseln müssen Erklärungen, Verpflichtungen (Covenants) und Garantien enthalten, die sich unmittelbar auf Fragen der Korruptions- und Bestechungsbekämpfung beziehen.

Zum Beispiel: Antikorruptionsklauseln sollten keine Garantien von Vertragspartnern beinhalten, die die Vollmachten ihrer Vertreter bestätigen oder die nachweisen, dass es keine Sanktionen gegen wirtschaftliche Begünstigte oder Vertreter gibt. Dies ist Gegenstand von besonderen Vertragsabschnitten, die allgemeine Erklärungen, Covenants und Garantien beinhalten;

  • Antikorruptionsklauseln können das Recht einer Partei enthalten, die andere Partei darauf zu prüfen, inwieweit ihre Tätigkeiten mit den Antikorruptionsrichtlinien und dem Antikorruptionsrecht übereinstimmen;
  • Antikorruptionsklauseln müssen das Recht einer Partei enthalten, den Vertrag zu kündigen und einen Schadensersatz dann zu fordern, wenn die andere Partei diese Klausel verletzt hat.

4. Lohnt es sich, Antikorruptionsklauseln in Verträge aufzunehmen?

Jedes Unternehmen, das Antikorruptionsklauseln oder -verpflichtungen in Vertragsverhältnisse einführen möchte, muss im Voraus verstehen, welches Ziel es wirklich zu erreichen beabsichtigt. Antikorruptionsklauseln sollten nicht ausschließlich „vorsichtshalber“ in Verträge aufgenommen werden. Solche Klauseln müssen im Lichte des realen Risikobildes von kommerziellen Geschäften entwickelt und in Verträge aufgenommen werden sowie dem Ziel des Unternehmens proportional sein. Andernfalls werden die Verhältnisse zwischen Vertragspartnern durch Antikorruptionsklauseln überlastet.

Wichtig ist auch, dass Antikorruptionsklauseln nicht nur der Absicht, sondern auch der tatsächlichen Bereitschaft von Parteien zu deren Umsetzung entsprechen müssen. Z. B., wenn ein ukrainisches Unternehmen nicht bereit ist, einen Vertrag im Falle einer kommerziellen Bestechung seines Mitarbeiters zu kündigen, dann macht es keinen Sinn, eine Antikorruptionsklausel in den Vertrag aufzunehmen.

Es muss auch realistisch eingeschätzt werden, inwieweit es möglich ist, Antikorruptionsklauseln umzusetzen. In der Ukraine kann beispielsweise die Tatsache, dass eine Person ein Korruptionsverbrechen begangen hat, nur gerichtlich festgestellt werden. Angesichts der Dynamik von Handelsbeziehungen entspricht es einfach nicht den Realitäten des Geschäftsverkehrs, dass die Beendigung der Ermittlungen und die Verkündung von Gerichtsurteilen abgewartet werden müssen.

Diese Situation kann eine Illusion erwecken, dass Antikorruptionsklauseln grundsätzlich nicht umsetzbar sind. Aber bei Streitigkeiten, die beispielsweise nach englischem Recht beigelegt werden, zeigt die Praxis in den letzten Jahren, dass es möglich ist, einen Vertrag zu kündigen, ohne dass die Tatsache des Korruptionsverbrechens durch nationale Strafverfolgungsbehörden festgelegt wird.

Agrarunternehmen in der Ukraine, die internationale Verträge mit Antikorruptionsklauseln unterzeichnen, müssen den vollen Umfang und alle möglichen Folgen solcher Bestimmungen erwägen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig sicherzustellen, dass die Parteien ein gemeinsames Verständnis für konkrete Erwartungen an solche Klauseln haben. Idealerweise sollte das Umsetzungsprotokoll vorsorglich im Vertrag (im Wortlaut der Antikorruptionsklausel) vereinbart werden, um künftige Missverständnisse zu vermeiden.

Dies ist wichtig im Lichte von Schiedssprüchen europäischer Gerichte in den letzten Jahren, die damit begonnen haben, Antikorruptionsklauseln in Handelsverträgen umzusetzen. Antikorruptionsklauseln sind schon keine formelle Notwendigkeit und können eine Grundlage für reale Folgen darstellen.

5. Was muss bei Antikorruptionsklauseln berücksichtigt werden?

Es muss vor allem in Betracht gezogen werden, dass die Aufnahme von Antikorruptionsklauseln beim Abschluss von Verträgen mit amerikanischen oder britischen Unternehmen unvermeidlich ist. Dieselbe Situation ergibt sich beim Abschluss von Verträgen mit ukrainischen Unternehmen, die Antikorruptionsprogramme entwickelt und genehmigt haben.

In der Regel sind Antikorruptionsklauseln in Verträgen mit solchen Vertragspartnern extrem überlastet, und zwar mit bestätigenden Erklärungen, Garantien und Verpflichtungen. Sie können auch strenge und oft nicht durchsetzbare Anforderungen beinhalten, die auf die Prüfung der Einhaltung der Antikorruptionsvorschriften bezogen sind. Sehr oft werden diese Klauseln bei der Analyse von Verträgen außer Acht gelassen. Aber angesichts der Tendenzen bei Gerichts- und Schiedsverfahren ist dies ein fehlgeleiteter Ansatz, der zu rein kommerziellen Folgen führen kann.

Bei der Analyse von vertraglichen Antikorruptionsklauseln ist vor allem Folgendes zu beachten:

  • Inhalt von Erklärungen, Verpflichtungen und Garantien. Ein Unternehmen kann nur solche Umstände bestätigen oder garantieren, von denen es vernünftigerweise Kenntnis haben kann. Gleiches gilt für Verpflichtungen: ein Unternehmen kann auch nur die Handlungen vornehmen, die unter seiner Kontrolle stehen. In der ukrainischen Realität ist es beispielsweise unmöglich zu garantieren, dass die zuständigen Strafverfolgungsbehörden keine Strafverfahren wegen des Verdachts der Begehung von Korruptionsverbrechen einleiten werden. Diese Umstände hängen nicht vom Willen eines Unternehmens ab. Wenn erklärt wird, dass ein bevollmächtigter Mitarbeiter eines Unternehmens wegen Korruptionsverbrechen nicht verurteilt wurde oder dass gegen ihn kein Strafverfahren eingeleitet worden ist, so ist zu beachten, dass die Quelle solcher Informationen in der Regel eine Aussage dieses Mitarbeiters ist. Solche Informationen können nicht umgehend auf rechtlichem Wege überprüft werden (Privatpersonen haben beispielsweise in der Ukraine keinen Zugang zum Einheitlichen Register der vorgerichtlichen Untersuchungen);
  • das Recht des Vertragspartners, das Unternehmen auf Einhaltung der Antikorruptionsgesetze zu prüfen. Eine solche Prüfung kann beispielsweise die Bereitstellung von Informationen erfordern, die personenbezogene Daten dessen Mitarbeiter darstellen. Dann ist das Unternehmen gezwungen, entweder gegen die Vertragsbedingungen oder gegen das Gesetz zum Schutz von personenbezogenen Daten zu verstoßen;
  • Folgen eines Verstoßes gegen Antikorruptionsklauseln. In der weltweiten Vertragspraxis gilt es als unkorrekt, Strafen in die Folgen von Verstößen gegen Antikorruptionsklauseln einzubeziehen. Die Hauptfolgen eines solchen Verstoßes sind das Recht auf einseitige Vertragskündigung und auf Schadensersatz, der sich daraus ergibt;

Generell wird die Praxis immer mehr üblicher, dass Antikorruptionsklauseln in internationale Handelsverträge aufgenommen werden. Wenn die Aufnahme solcher Klauseln in internationale Verträge unbegründet verweigert wird, kann dies den Ruf von ukrainischen Agrarunternehmen beeinträchtigen. Dabei sollte eine gründliche und fachliche Aufmerksamkeit auf vertragliche Antikorruptionsklauseln gelenkt werden. Im anderen Fall können vertragliche Antikorruptionsklauseln solche Verpflichtungen für ukrainische Unternehmen schaffen, die unerfüllbar sind oder deren Erfüllung außerhalb der Kontrolle dieser Unternehmen liegt, so dass Verluste in deren Handelsgeschäften verursacht werden können.

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