- Home
- /
- Nachrichten
- /
- Einspeisevergütungen in der Ukraine herabgesetzt
Einspeisevergütungen in der Ukraine herabgesetzt
1. Neues EE-Gesetz
2. Höhe der Einspeisevergütung
3. Dauer der Einspeisevergütung in der Ukraine
4. Haftung für Leistungsungleichgewichte
5. Unveränderbarkeit der Gesetzgebung
6. Ökostrom-Versteigerungen in der Ukraine
7. Schlussfolgerungen
1. Neues EE-Gesetz
Am 01. August 2020 ist das Gesetz der Ukraine «Über die Änderung einiger Gesetze in Bezug auf die Weiterentwicklung von Bedingungen zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen» (nachfolgend auch „EE-Gesetz“ genannt) in Kraft getreten. Das EE- Gesetz wurde als Ergebnis von Vereinbarungen verabschiedet, die zwischen der Regierung der Ukraine und den ukrainischen Verbänden von Stromproduzenten aus erneuerbaren Energien erzielt worden waren, um die in letzter Zeit in diesem Sektor entstandene Krisensituation zu überwinden.
Das könnte Sie auch interessieren: Legal Due Diligence von Erneuerbare-Energien-Projekten in der Ukraine
Die Hauptänderungen im EE-Gesetz sind die folgenden:
- es wird die Höhe der Einspeisevergütungen (sog. „grüne“ Tarife) herabgesetzt;
- es wird eine Haftung für die Differenzen zwischen den prognostizierten und tatsächlich erzeugten Strommengen für Stromproduzenten aus erneuerbaren Energiequellen eingeführt (sog. Haftung für Leistungsungleichgewichte);
- es wird die Möglichkeit vorgesehen, den sog. garantierten Käufer (Guaranteed Buyer) aus dem ukrainischen Staatshaushalt zu fördern, und zwar in Höhe von mindestens 20% der für das entsprechende Jahr prognostizierbaren Stromerzeugung aus alternativen Energiequellen;
- es wird das Verfahren für die Durchführung von Ökostrom-Versteigerungen präzisiert;
- es wird dem Betreiber des ukrainischen Übertragungssystems die Haftung für die Entschädigung der Elektrizität auferlegt, die nicht vollumfänglich abgegeben worden ist, und zwar infolge der Ausführung von Operationsbefehlen zur Leistungsreduzierung und/oder -einschränkung;
- es wird den Stromproduzenten, die nach „grünen“ Tarifen arbeiten, eine staatliche Garantie für die Unveränderbarkeit der zum Datum der Verabschiedung des EE-Gesetzes geltenden Gesetzgebung der Ukraine gewährt.
2. Höhe der Einspeisevergütung
Die Einspeisevergütungen sind seit dem 01. August 2020 herabgesetzt worden. Die Herabsetzung betraf tatsächlich nur ukrainische Solar- und Windkraftwerke, nicht aber Biogas/Biomasse, Wasserenergie oder Fernwärme.
Derzeit gelten folgende Einspeisevergütungen in der Ukraine (in Euro):
(Bitte klicken für Vollbild)
Zudem ist die Pflicht des Lieferanten von universalen Dienstleistungen festgelegt, mit Stromerzeugungsanlagen privater Haushalte (mit installierter Leistung bis zu 50 kW) produzierte Elektrizität nach Einspeisevergütungen anzukaufen und diese in jedem Abrechnungszeitraum vorrangig zu bezahlen. Die in ukrainischen privaten Haushalten produzierte Elektrizität wird in dem Umfang angekauft, der den monatlichen Eigenverbrauch der privaten Haushalte übersteigt.
*Anmerkung! Für Biogas/Biomasse sind keine Tarifherabsetzungen vorgeschrieben. *Es ist jedoch in Teil 3 der Schluss- und Übergangsbestimmungen des EE-Gesetzes vorgesehen, dass die Einspeisevergütungen für Stromproduzenten aus Biomasse und/oder Biogas ausschließlich für die Elektrizität festgesetzt werden, die mit den vor dem 01. Januar 2023 in Betrieb genommenen Anlagen produziert wird.
3. Dauer der Einspeisevergütung in der Ukraine
Das Förderungssystem durch Einspeisevergütungen gilt bis zum 31.12.2029.
4. Haftung für Leistungsungleichgewichte
Es wird eine Haftung für die Differenzen zwischen den prognostizierten und tatsächlich erzeugten Strommengen für ukrainische Stromproduzenten aus erneuerbaren Energiequellen eingeführt (Haftung für Leistungsungleichgewichte).
Als Haftung für Leistungsungleichgewichte gilt die Verpflichtung von Marktteilnehmern, Stundenstrompläne gemäß dem Umfang der gekauften und verkauften Elektrizität bekannt zu geben und zu erfüllen und für die Leistungsungleichgewichte finanziell verantwortlich zu sein.
Jetzt haben die Stromproduzenten, soweit der tatsächliche Stundenumfang der Stromabgabe von den jeweiligen Stundenstromplänen abweicht, dem garantierten Käufer (Guaranteed Buyer) einen Teil der Kosten für den Ausgleich eines Stromleistungsungleichgewichts zu ersetzen. Die Rede ist von solchen ukrainischen Stromproduzenten, denen ein „grüner“ Tarif zugewiesen ist, sowie von den Produzenten, die nach den Ergebnissen einer Ökostrom-Versteigerung das Recht erworben haben, gefördert zu werden, und die gleichzeitig zu der Ausgleichsgruppe des garantierten Käufers gehören. Die Entschädigung erfolgt gemäß dem EE-Gesetz und den Vorschriften für das Funktionieren der Ausgleichsgruppe des garantierten Käufers.
Bemerkenswert ist, dass die Angliederung eines ukrainischen Stromproduzenten aus alternativen Energiequellen an eine Ausgleichsgruppe der nach „grünem“ Tarif arbeitenden Produzenten (an die Ausgleichsgruppe eines Garantierten Käufers) als obligatorische Bedingung für den Stromverkauf an den garantierten Käufer gilt.
Für verschiedene Stromproduzentengruppen sind unterschiedliche Fristen für die Einführung der vollen Haftung für Leistungsungleichgewichte vorgeschrieben.
5. Unveränderbarkeit der Gesetzgebung
Das EE-Gesetz garantiert die Unveränderbarkeit der ukrainischen Gesetzgebung sowie der Einspeisevergütungen für die ganze Dauer der Einspeisevergütung. Es ist jedoch zu betonen, dass die Verpflichtungen zur Unveränderbarkeit der Gesetzgebung auch schon früher galten, das aber hatte keine Auswirkungen auf die Verabschiedung des EE-Gesetzes.
6. Ökostrom-Versteigerungen in der Ukraine
Durch das EE-Gesetz wird das Verfahren zur Durchführung von Ökostrom-Versteigerungen präzisiert. Jetzt haben alle ukrainischen Stromproduzenten aus Windenergie an Ökostrom-Versteigerungen teilzunehmen, soweit die installierte Leistung ihrer Anlagen über 5 MW liegt. Früher waren Anlagen mit drei (3) Windturbinen, unabhängig von ihren installierten Leistungen, von dieser Pflicht ausgeschlossen.
Von nun an setzt die ukrainische Regierung eine Jahresquote und einen Zeitplan für die Durchführung von Ökostrom-Versteigerungen für jedes nachfolgende Jahr fest (früher wurde die Quote für fünf (5) Jahre festgesetzt).
In eine Jahresquote dürfen jetzt aufgenommen werden:
- einzelne Gebiete bzw. Regionen, wo EE-Anlagen errichtet werden;
- festgesetzte maximale Leistungswerte einer Stromanlage, hinsichtlich derer der Stromproduzent das Förderrecht erwerben kann;
- Grundstücke, die für den Bau von EE-Anlagen zu ausgelegten technischen Daten und technischen Vorschriften für den Stromnetzanschluss angeboten werden;
- angebotene Dächer und/oder Fassaden von Gebäuden und sonstigen Bauwerken, die zum Bau von EE-Anlagen zu ausgelegten technischen Daten und technischen Vorschriften für den Stromnetzanschluss vermietet werden.
Der Mindestanteil an einer Jahresförderquote für ukrainische Solar- und Windkraftwerke sowie für andere Arten von alternativen Energiequellen ist von 15% auf 10% reduziert worden.
Es wird auch ein klarer Startpreis für die Durchführung von Ökostrom-Versteigerungen in der Ukraine bestimmt. Der Startpreis lag früher auf dem Niveau einer entsprechenden Einspeisevergütung. Von nun an beträgt der Startpreis:
- für Wind- und Solarkraftwerke für Ökostrom-Versteigerungen, die bis 31. Dezember 2024 durchgeführt werden: maximal 9 Eurocents pro 1 kWh;
- für Wind- und Solarkraftwerke für Ökostrom-Versteigerungen, die ab 01. Januar 2025 durchgeführt werden: maximal 8 Eurocents pro 1 kWh;
- für andere Arten von alternativen Energiequellen: maximal 12 Eurocents pro 1 kWh.
7. Schlussfolgerungen
Aus der Sicht des Funktionierens des ukrainischen Energiemarkts hat das EE-Gesetz sowohl positive, als auch negative Auswirkungen. Die eingeführte Haftung für Leistungsungleichgewichte ist eine positive Änderung, wodurch die rechtliche Lage von Stromproduzenten aus alternativen Energiequellen gegenüber anderen Marktteilnehmern angeglichen wird.
Die Einführung von sinkenden Koeffizienten (Einspeisevergütungen) lässt aber viele Fragen offen, darunter die Frage einer nachträglichen Reduzierung der Einspeisevergütungen und die Frage der Verletzung von staatlichen Verpflichtungen gegenüber Investoren. Das Inkrafttreten des EE-Gesetzes kann somit eine Welle von Klagen vor Gerichten in absehbarer Zeit verursachen.
Eine einseitige Änderung von Einspeisevergütungen seitens des ukrainischen Staates wird auch Bedenken bei Investoren gegen die Sicherheit des Investierens in die Ukraine erwecken und wird demnach zur Verringerung des Investitionsvolumens bzw. zum Investitionsrückgang führen.
Es ist offensichtlich, dass das EE-Gesetz nicht ausreicht, um die Krise im Energiebereich in der Ukraine zu lösen, weil die Krise nicht nur durch Stromproduzenten aus erneuerbaren Energiequellen, sondern auch durch einen breiten Problemkomplex in diesem Bereich hervorgerufen worden ist.