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Rechtliche Aspekte von Investitionen in den Infrastrukturbau (Webinar)
Am 28. Mai 2025 hielt Herr Iurii Dynys, Rechtsberater bei DLF Rechtsanwälte Ukraine, einen Vortrag auf einem von der Italienischen Handelsagentur (ITA) in Kyjiw organisierten Webinar. Die Veranstaltung widmete sich der Beteiligung internationaler Unternehmen an der Wiederherstellung der ukrainischen Verkehrsinfrastruktur.
Iurii Dynys lieferte hilfreiche rechtliche Hinweise für Firmen, die den Einstieg in den ukrainischen Markt für Infrastrukturplanung und -bau planen. Sein „Praktisches Rechtshandbuch für die Ukraine: Wie man in einem unsicheren Umfeld Finanzierung aufnimmt, Projekte umsetzt und Gewinne erzielt“ beruhte auf realen Herausforderungen und entsprechenden Lösungen.
Zu den 170 Teilnehmern zählten Vertreter italienischer Ingenieur-, Bau- und Beratungsunternehmen. Alle Beteiligten zeigten großes Interesse an der Entwicklung von Projekten in der Ukraine. Iurii Dynys ging nicht nur auf die Formalitäten für den Eintritt in den ukrainischen Markt ein, sondern auch auf rechtliche Strategien zur Risikominimierung und zum Erreichen nachhaltigen Erfolgs.
Zu den wichtigsten Themen des Vortrags gehörten:
- die Wahl der optimalen Rechtsform für die Tätigkeit in der Ukraine (Tochtergesellschaft, Repräsentanz oder Konsortium),
- Regeln für die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen und die Eigenheiten deren Regulierung,
- die Einhaltung der technischen und fachlichen Anforderungen an Planungs- und Ingenieurleistungen,
- Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit ukrainischen zertifizierten Fachkräften, und
- Steuerrisiken, Währungsbeschränkungen und Streitbeilegung.
Die Rechtsform eines ausländischen Unternehmens in der Ukraine sollte, so eine der Kernaussagen des Vortrags, im Hinblick auf die Geschäftstätigkeit so praktisch wie möglich sein. Für Bauunternehmen, die eine groß angelegte Geschäftspräsenz planen, ist eine Tochtergesellschaft die beste Option.
Für Beratungsunternehmen, die den Markt gerade erst testen, ist eine Repräsentanz besser geeignet. Die Bildung eines Konsortiums mit ukrainischen Partnern ermöglicht es darüber hinaus, mit vorhandenen Lizenzen und zertifiziertem Personal schnell an öffentlichen Ausschreibungen zu partizipieren.
Iurii Dynys wies im Zusammenhang mit der Finanzierung auf die aktive Beteiligung internationaler Finanzinstitute an der Unterstützung von Infrastrukturprojekten in der Ukraine hin. Darüber hinaus bieten sich für ausländische Unternehmen auch im öffentlichen Auftragswesen, das von staatlichen und lokalen Behörden finanziert wird, Chancen. Um die Erfolgsaussichten bei solchen Ausschreibungen zu erhöhen, empfahl er die Bildung von Konsortien mit ukrainischen Auftragnehmern. Dieser Ansatz erleichtert den Marktzugang und stärkt das Vertrauen der Kunden.
Bei der Überprüfung des öffentlichen Auftragswesens betonte Iurii Dynys, dass der Preis nicht das einzige Kriterium für den Gewinn einer Ausschreibung ist. Erfolgreiche Gebote müssen die technischen Spezifikationen erfüllen, ein vollständiges Paket von Unterlagen enthalten und ein angemessenes Niveau an fachlichen und organisatorischen Fähigkeiten nachweisen.
Aus diesem Grund riet er ausländischen Unternehmen, die Ausschreibungsbedingungen immer sorgfältig zu prüfen.
Ein wichtiges Instrument zur Wahrung der Interessen der beteiligten Unternehmen sind Anträge zur Klärung sowie Einsprüche im Falle diskriminierender Anforderungen.
Besondere Aufmerksamkeit wurde dem Beispiel der Ingenieurdienstleistungen gewidmet, da in diesem Segment rechtliche Aspekte, personelle Anforderungen und die Form der Zusammenarbeit mit ukrainischen Spezialisten von besonderer Bedeutung sind. Planung, technische Überwachung, Projektaudit, Vertragskoordination und -management – all diese Bereiche erfordern die Beteiligung zertifizierter Spezialisten.
Für ausländische Unternehmen ohne Personal mit ukrainischen Genehmigungen ist die schnellste und effektivste Lösung die Zusammenarbeit mit lokalen Partnern im Rahmen eines Konsortiums. Dadurch lassen sich Verzögerungen und rechtliche Hindernisse vermeiden, ohne dass die Qualität der Dienstleistungen oder die Kontrolle über das Projekt beeinträchtigt werden.
Iurii Dynys stellte zudem drei praktische Ansätze für ausländische Ingenieurbüros vor, um an der Projektdurchführung in der Ukraine teilzunehmen:
- Einstellung zertifizierter ukrainischer Spezialisten,
- Beteiligung über ein Konsortium mit lokalen Unternehmen, und
- Zusammenarbeit mit ukrainischen Ingenieuren auf vertraglicher Basis.
All diese Modelle erleichtern nicht nur die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, sondern ermöglichen auch eine optimale Anpassung an den lokalen Markt.
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Eine der dringendsten Fragen für potenzielle Investoren ist der Schutz ihrer Einkünfte. Iurii Dynys erläuterte zwei wesentliche Herausforderungen, mit denen ausländische Unternehmen in der Ukraine konfrontiert sind:
- Währungsbeschränkungen: Die ukrainische Nationalbank hat eine Reihe von Beschränkungen für den Transfer von Geldern ins Ausland eingeführt. Unternehmen sollten ihre Finanzströme daher im Voraus planen und Transaktionen entsprechend strukturieren, um ungünstige regulatorische Regelungen zu vermeiden;
- Steueränderungen: Die Steuergesetzgebung in der Ukraine unterliegt ständigen Änderungen.
Modelle, die im letzten Jahr noch gültig waren, können nun anderen Steuersätzen unterliegen, zusätzliche Berichte erfordern oder durch Währungsvorschriften eingeschränkt sein.
Iurii Dynys riet dazu, zwei Strategien zu verfolgen:
- Kontinuierliche Überwachung des regulatorischen Umfelds: Dies ermöglicht die rechtzeitige Erkennung von Änderungen und die Anpassung der Unternehmensstruktur oder der Verträge;
- Regelmäßige Analyse der Steuerlast: Bevor das Unternehmen seine Tätigkeit aufnimmt oder Gewinne entnimmt, sollte es sich über die geltende Besteuerung, die Beschränkungen für Währungstransaktionen und die Verfügbarkeit der entsprechenden Unterlagen im Klaren sein.
Iurii Dynys betonte weiterhin, dass die gewählte Struktur nicht nur effizient, sondern auch anpassungsfähig sein sollte. So kann ein Modell, das für ein Architekturbüro ideal ist, für ein Baukonsortium beispielsweise ineffizient oder riskant sein. Flexibilität und die Fähigkeit zur schnellen Anpassung an Veränderungen sind Eigenschaften, die erfolgreiche Akteure auf dem ukrainischen Markt auszeichnen.
Ein weiterer wichtiger Teil des Vortrags war das Thema Streitbeilegung. Selbst bei bester Vorbereitung und Einhaltung aller Anforderungen können Konfliktsituationen entstehen. Diese sind jedoch keine Katastrophe – die Hauptsache ist, dass man sie richtig angeht.
Es wurde ein dreiteiliger, praktischer Ansatz zur Streitbeilegung in der Ukraine vorgestellt:
- Mediation: Verhandlungen, Vermittlung und alternative Streitbeilegung sind oft der schnellste und kostengünstigste Weg, um ein Ergebnis zu erzielen, ohne vor Gericht zu gehen;
- Schiedsverfahren: Bei internationalen Streitigkeiten ist es ratsam, Schiedsklauseln in Verträgen zu verwenden;
- Gerichtsverfahren: Selbst mit einer starken Rechtsposition können Unternehmen einen Fall verlieren, wenn ihnen eine angemessene Beweisgrundlage fehlt. Iurii Dynys nannte Beispiele von Fällen, in denen fehlende Dokumente, widersprüchliche Berichte oder schlecht dokumentierte Kommunikation zu einer Niederlage führten, obwohl die Partei im Wesentlichen Recht hatte.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass eine richtige Unternehmensstrukturierung nicht ausreicht, sondern dass auch eine lückenlose Dokumentation von Berichten, Korrespondenz, Arbeitsprotokollen und Beschlüssen der Leitungsorgane gewährleistet sein muss. All dies kann im Falle eines Rechtsstreits von entscheidender Bedeutung sein.
Abschließend gab Iurii Dynys noch einige praktische Tipps:
- Starten Sie mit der richtigen Struktur. Die gewählte juristische Form des Auftritts auf dem ukrainischen Markt sollte den lokalen rechtlichen Anforderungen, dem Personalbedarf und dem Zugang zum öffentlichen Auftragswesen gerecht werden;
- Stellen Sie eine Einhaltung der Gesetze sicher. Dies gilt nicht nur für Lizenzen, Bescheinigungen und Genehmigungen, sondern auch für Steuer-, Zoll- und Währungsvorschriften;
- Arbeiten Sie mit lokalen Partnern zusammen. Dies vereinfacht den Zugang zum Markt, gewährleistet eine effektive Anpassung und schafft Vertrauen bei den öffentlichen Auftraggebern;
- Machen Sie sich mit den Steuervorschriften und Währungsbeschränkungen vertraut. Eine ständige Überwachung von Änderungen, eine professionelle Steuerprüfung und eine angemessene Cashflow-Strategie helfen Ihnen, unangenehme Überraschungen zu vermeiden; und
- Bereiten Sie sich im Voraus auf Streitigkeiten vor. Eine systematische Dokumentation, Sicherungsstrategien und eine solide Risikobewertung helfen Ihnen, Ihre Interessen erfolgreich zu schützen.
Iurii Dynys betonte, dass der ukrainische Markt für Infrastrukturprojekte zwar eine Herausforderung darstellt, sich aber gerade jetzt ein einzigartiges Fenster der Möglichkeiten öffnet.
„Ich danke der ITA – Italian Trade Agency – für die Einladung“, sagte Iurii Dynys abschließend und fügte hinzu: „Ich hoffe, dass dieses Webinar der Ausgangspunkt für echte Infrastrukturprojekte in der Ukraine unter Beteiligung italienischer Partner sein wird.“