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Höhere Gewalt in Verträgen während des Krieges in der Ukraine
1. Wie müssen Verträge während der Kriegszeit erfüllt werden?
2. Was kann man tun, wenn die Vertragserfüllung unmöglich ist
3. Wie können Sie sich vor einer ungerechtfertigten Nichterfüllung eines Vertrags schützen?
4. Wie muss eine vertragliche Höhere-Gewalt-Klausel dargelegt werden
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Der russische Angriff und die Kampfhandlungen auf dem ukrainischen Territorium wirken sich auf vertragliche Beziehungen aus, so dass diese an die neuen Umstände im ukrainischen und ausländischen Geschäftsverkehr grundlegend angepasst werden müssen. In der Praxis sind ukrainische Unternehmen und ihre ausländischen Vertragspartner mit einer Reihe von Problemen konfrontiert worden, die zuvor als rein theoretisch galten. Es ist inzwischen lebenswichtig, diese Probleme zu lösen, um bereits bestehende Geschäftsbeziehungen aufrechtzuerhalten und auch neue aufzubauen.
1. Wie müssen Verträge während der Kriegszeit erfüllt werden?
Auch während der Kriegszeit bleibt das Verfahren zur Erfüllung von Verträgen in der Ukraine grundsätzlich unverändert. Aufgrund der Kriegsgefahr müssen jedoch bestimmte Besonderheiten berücksichtigt werden, und zwar:
- mögliche Kommunikationsschwierigkeiten (Briefwechsel, Bestätigung des Empfangs von Nachrichten durch Vertragspartner usw.);
- mögliche logistische Schwierigkeiten (Lieferwege, Lagerorte, Banktransaktionen);
- mögliche Sanktionen gegen Beteiligte an Logistik- oder Zahlungsketten (Transportunternehmen, gecharterte Schiffe, die sich im Besitz von sanktionierten Unternehmen befinden und in Häfen eventuell nicht zugelassen werden können, Banken von Empfängern oder Zahlern);
- mögliche Handelsbeschränkungen (Ausfuhrverbot für bestimmte Warenkategorien).
Im Lichte dieser Besonderheiten muss analysiert und teilweise vorhergesagt werden, ob es möglich ist, abgeschlossene Verträge ordnungsgemäß zu erfüllen. Dies ermöglicht:
- die Struktur eines vertraglichen Geschäfts so zu korrigieren, dass die Wahrscheinlichkeit von Umständen minimiert wird, welche die Vertragserfüllung beeinträchtigen können (Bankkonten in den Banken zu eröffnen, die mit sanktionierten Personen nicht verbunden sind, Logistikketten neu auszurichten);
- Verträge hinsichtlich der höheren Gewalt zu ändern (ausschlaggebend ist dies z. B. für Verträge, die nach englischem Recht geregelt werden – in der englischen Rechtslehre ist es so, dass der Mechanismus der Haftungsbefreiung nur dann anwendbar ist, wenn dieser vertraglich vorgesehen ist);
- Vertragspartner zu bestimmen, die als Beteiligte an Logistikketten auftreten, die für die Vertragserfüllung notwendig sind. Wenn die Vertragserfüllung durch die von ihnen nicht erfüllten Verpflichtungen gefährdet wird (Transportunternehmen, die in der Zone der Kampfhandlungen tätig sind, sowie Lieferanten von Ersatzteilen und Zubehör, die in der Risikozone aktiv sind), so sind auch solche Umstände als höhere Gewalt anzusehen;
- Verträge zu identifizieren, deren Umsetzung bereits gefährdet wird bzw. unmöglich ist (vernichtete Lager oder Waren, eingeführte Warenausfuhreinschränkungen, blockierte Häfen, der Vertragspartner wurde mit Sanktionen belegt).
Für diejenigen Verträge, deren Erfüllung gerade jetzt nicht möglich ist oder potenziell gefährdet sein kann, sollten Vorbereitungen für die Anwendung der jeweiligen Höhere-Gewalt-Klauseln getroffen werden.
2. Was kann man tun, wenn die Vertragserfüllung unmöglich ist
Es ist offensichtlich, dass der Krieg in der Ukraine und dessen Folgen die Nichterfüllung bzw. eine mangelhafte Erfüllung von Verträgen durch viele ukrainische Unternehmen und ihre ausländischen Vertragspartner verursacht und in absehbarer Zeit auch weiter verursachen wird. In solchen Fällen sollten die jeweiligen Höhere-Gewalt-Klauseln als Instrument zur Krisenregelung in vertraglichen Beziehungen angewandt werden.
Umstände, die während des Krieges in der Ukraine als höhere Gewalt angesehen werden können, umfassen nicht nur die unmittelbaren Kampfhandlungen und alle damit verbundenen Sicherheitsbeschränkungen und -folgen (z. B. Kampfhandlungen in den Gebieten, wo sich Produktions- und Lagerstandorte befinden, Vernichtung von Produktionsstandorten oder Ernteerträgen während der Kampfhandlungen, Durchgang von Lieferwegen durch besetzte Territorien oder Kampfgebiete, Blockierung von Häfen, Lebensgefahr für das Personal). Dazu gehört auch Folgendes:
- staatlich eingeführte Handelseinschränkungen (z. B. die Einführung von Einschränkungen für Getreideexporte aus der Ukraine, festgeschriebene Preise für einzelne Warengruppen);
- Sanktionen, die gegen Vertragspartner oder Beteiligte an Logistik- und Handelsketten verhängt wurden (z. B. Beschlagnahme von Schiffen, die sich im Besitz von sanktionierten juristischen Personen befinden, Beschränkungen von Banktransaktionen, Einfrieren von Geldern);
- Verpflichtungen gegenüber dem Staat, die sich aus dem Kriegszustand ergeben (Mobilisierung von Arbeitskräften und Technikeinheiten).
Es versteht sich, dass das bloße Vorliegen solcher Umstände keinen Grund für die Anwendung der Höhere-Gewalt-Klausel darstellt. Zur Befreiung von der Haftung für die Nichterfüllung von Verpflichtungen ist es notwendig, dass die Umstände folgende Qualifikationsmerkmale erfüllen:
- ein solcher Umstand muss zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses unvorhersehbar sein;
- der Eintritt eines solchen Umstands muss für die Vertragsparteien unkontrollierbar sein;
- die Folgen oder Auswirkungen eines solchen Umstands müssen unvermeidbar oder unüberwindbar sein;
- solche Umstände müssen vertraglich oder gesetzlich als höhere Gewalt anerkannt werden;
- es muss ein Kausalzusammenhang zwischen solchen Umständen und der Unmöglichkeit der Vertragserfüllung bestehen;
- es muss eine bestimmte Verpflichtung bestehen, die für den Fall solcher Umstände zu erfüllen ist (eine Liefer- oder Zahlungsfrist ist fällig oder muss fällig sein).
Nicht alle Umstände, welche die Erfüllung von Verpflichtungen unmöglich machen, können auf höhere Gewalt zurückgeführt werden. Es gibt auch Umstände, die sich zwar auf Geschäftsrisiken beziehen, aber als höhere Gewalt nicht angesehen werden können, z. B. wenn:
- Verpflichtungen durch Vertragspartner der betroffenen Partei verletzt werden;
- es an Waren auf dem Markt mangelt, die zur Erfüllung von Verpflichtungen erforderlich sind;
- der Schuldner über die notwendigen Mittel nicht verfügt.
Unter Kriegsbedingungen in der Ukraine müssen diese Beschränkungen mit Vorsicht angewandt werden. Einerseits können einige von ihnen als höhere Gewalt eingestuft werden (z. B., eine Nichterfüllung von Verpflichtungen durch Vertragspartner, die für die Geschäftsabwicklungen von entscheidender Bedeutung sind, können auch durch höhere Gewalt verursacht werden). Aber andererseits wird durch den Krieg eine neue Geschäftsrealität geschaffen, in welcher einige zuvor unvorhersehbare Risiken zu alltäglichen und vorhersehbaren Handelsrealitäten werden (Wirtschaftsrückgang, Inflationsrisiken). Es sei erwähnt, dass jede Unternehmung an die globale und regionale Logistik gebunden ist, deren Komponente aus objektiven Gründen auch verschwinden können, so dass eine Nichterfüllung von Verpflichtungen dabei eintreten kann.
Umstände höherer Gewalt sind nicht vorhersehbar. Der Vertragspartner, der auf solche Umstände verweist, muss nicht nur deren Vorliegen nachweisen, sondern auch bestätigen, dass diese die Höhere-Gewalt-Merkmale erfüllen und dass ein Zusammenhang zwischen diesen und dem unerfüllten Vertrag besteht.
Dass Umstände höherer Gewalt nachgewiesen werden müssen, schließt nicht aus, dass deren Vorliegen auch durch die zuständige Behörde anerkannt werden kann.
Für die Anerkennung von Umständen höherer Gewalt sind in der Ukraine die Handels- und Industriekammer der Ukraine und deren autorisierte regionale Handels- und Industriekammern zuständig, so dass sie auch entsprechende Zertifikate erteilen. Zu beachten ist, dass die Zuständigkeiten der regionalen ukrainischen Industrie- und Handelskammern begrenzt sind: diese dürfen beispielsweise keine Zertifikate über außenwirtschaftliche Verträge ausstellen.
Es ist wichtig, sich im Voraus auf die Anwendung der Höhere-Gewalt-Klauseln für alle gefährdeten Verträge vorzubereiten.
Dafür ist Folgendes notwendig:
- Bestimmungen zu höherer Gewalt in alle gefährdeten Verträge einzutragen oder alle geltenden Verträge damit zu ergänzen;
- aktuelle Kommunikationsmittel nüchtern zu beurteilen (es geht z. B. darum, dass der Schriftverkehr und der Empfang von Zustellungsurkunden sich in Kriegszeiten als uneffektiv erweisen können);
- alle Höhere-Gewalt-Klauseln so anzupassen, dass diese im Lichte von Handelsrisiken nicht angesehen und dadurch nicht eingeschränkt werden dürfen (z. B., wenn ein Beteiligter an einer Logistikkette seine Verpflichtungen wegen höherer Gewalt verletzt hat und gerade dies als Ursache der Nichterfüllung eines Vertrags gilt);
- zu prüfen, inwieweit es möglich ist, Informationen und Nachweise zu sammeln, die zur Bestätigung notwendig sind, dass Umstände höherer Gewalt tatsächlich vorliegen und dass es einen Kausalzusammenhang zwischen ihnen und den unerfüllten vertraglichen Verpflichtungen gibt.
Wenn die Frist für die Erfüllung von vertraglichen Verpflichtungen abgelaufen ist und deren Einhaltung wegen höherer Gewalt nicht möglich ist, dann muss Folgendes berücksichtigt werden.
Zuallererst und grundsätzlich ist zu beachten, dass eingetretene Umstände höherer Gewalt von der Erfüllung von Verpflichtungen nicht entbinden. Ein Unternehmen kann von der Haftung für die Nichterfüllung oder eine mangelhafte Erfüllung solcher Verpflichtungen befreit werden. Dabei gilt eine solche Befreiung nur für die Dauer der Umstände höherer Gewalt oder für eine andere vertraglich bzw. gesetzlich festgelegte Zeit.
Zweitens ist zu beachten, dass die Anwendung von Mechanismen aus Höhere-Gewalt-Klauseln ein rechtlich separates Verfahren darstellt.
Wenn es um Verträge geht, die nach ukrainischem Recht geregelt werden, ist es sehr wichtig, dass Umstände höherer Gewalt mit wesentlichen Änderungen von vertraglichen Umständen nicht verwechselt werden. Wesentliche Änderungen von vertraglichen Umständen stellen eine besondere Gruppe von unvorhergesehenen Umständen dar, bei deren Eintritt (im Unterschied zu höherer Gewalt) eine ordnungsgemäße Vertragserfüllung zwar möglich ist, aber aufgrund ihrer Unvorhersehbarkeit erheblich erschwert wird. Wenn sich die Parteien darüber nicht einigen können, dass der Vertrag an die wesentlich geänderten Umstände angepasst werden muss, darf der Vertrag gerichtlich gekündigt oder geändert werden. Eine Änderung von Umständen gilt als wesentlich, wenn sie sich in einem solchen Ausmaß geändert haben, dass die Parteien, wenn sie dies hätten vorhersehen können, den Vertrag nicht oder zu anderen Bedingungen abgeschlossen hätten. Im Falle einer wesentlichen Änderung der Umstände, nach denen sich die Parteien beim Vertragsabschluss gerichtet haben, kann der Vertrag im Einvernehmen der Parteien geändert oder gekündigt werden.
Bei Verträgen, die nach englischem Recht geregelt werden, ist es auch wichtig, zwischen der Frustration und höherer Gewalt zu unterscheiden. Das Konzept der Frustration bedeutet ein unvorhersehbares Ereignis, das:
- die Vertragserfüllung unmöglich macht, oder
- die Verpflichtungen der Parteien grundsätzlich ändert.
In diesem Fall tritt der Vertrag außer Kraft, so dass die Parteien von ihren Verpflichtungen befreit werden. Die Frustration wird gerichtlich umgesetzt und stellt einen rechtlichen Mechanismus mit einem ziemlich komplizierten Beweisverfahren dar.
Die dritte wichtige Besonderheit ist, dass das vertragliche oder gesetzliche Verfahren für Fälle höherer Gewalt strikt eingehalten werden muss.
Gemäß den Standardbestimmungen zu höherer Gewalt, die in GAFTA 78UA-Verträgen vorgesehen sind, sieht das Verfahren z. B. folgenderweise aus:
- Ermittlung des Ereignisses „höherer Gewalt“, unter welchem Folgendes zu verstehen ist:
- Exportverbot, auch teilweise, oder
- Blockade, oder
- Terroranschläge, oder
- Kampfhandlungen, oder
- Streik, oder
- zivile Unruhen, oder
- Ausfall von Technikeinheiten, oder
- Brand, oder
- Vereisung, oder
- „Taten des Herrn“ (dieses Konzept, das für das englische Recht typisch ist, bedeutet normalerweise natürliche und sonstige Phänomene, die ursprünglich außerhalb der menschlichen Kontrolle liegen), oder
- unvorhersehbare und unabwendbare Transporthindernisse, oder
- alle anderen Ereignisse, die unter den Begriff „höhere Gewalt“ fallen.
- wenn die höhere Gewalt als Grund dafür auftritt, dass der Verkäufer zur Vertragserfüllung nicht mehr fähig ist, dann wird der Vertrag für die Dauer der höheren Gewalt ausgesetzt, sofern der Käufer durch den Verkäufer benachrichtigt wurde, und zwar innerhalb von aufeinander folgenden 7 (sieben) Tagen ab Eintritt eines solchen Ereignisses oder spätestens 21 (einundzwanzig) Tage vor Beginn der Lieferfrist;
- wenn die höhere Gewalt 21 (einundzwanzig) aufeinander folgende Tage nach Ablauf der Lieferfrist andauert, steht dem Käufer die Möglichkeit zu, den unerfüllten Vertragsteil zu kündigen, indem er den Verkäufer spätestens am ersten Werktag nach Ablauf der 21-tägigen Frist darüber benachrichtigt;
- wenn diese Kündigungsmöglichkeit durch den Käufer nicht wahrgenommen wird, dann bleibt der Vertrag für weitere 14 Tage in Kraft;
- wenn die höhere Gewalt vor der Vertragskündigung endet, muss die andere Partei darüber unverzüglich benachrichtigt werden. In diesem Fall wird die Lieferfrist um eine Zeit verlängert, die der betroffenen Partei zur Erfüllung der Verpflichtungen vor dem Eintritt höherer Gewalt blieb;
- wenn zum Zeitpunkt höherer Gewalt 14 (vierzehn) oder weniger Tage bis zum Ende der Lieferfrist verbleiben, verlängert sich die Lieferfrist nach Beendigung der höheren Gewalt um weitere 14 Tage.
Das Verfahren zur Anwendung von Höhere-Gewalt-Klauseln kann je nach Vereinbarung der Vertragsparteien unterschiedlich strukturiert werden. Ihr zentrales Element bleibt jedoch immer die Benachrichtigung des Vertragspartners und die Bestätigung des Vorliegens von Umständen höherer Gewalt. Die Bedeutung der Benachrichtigung besteht darin, dass alle Verfahrensfristen ab dieser Benachrichtigung berechnet werden: sowohl Fristen für den Aufschub der Erfüllung von Verpflichtungen, als auch Fristen für die Kündigung des Vertrags durch die Parteien.
Ein weiteres Grundprinzip der Anwendung von Höhere-Gewalt-Klauseln ist, dass der Eintritt von Umständen höherer Gewalt nachgewiesen werden muss. Der Vertragspartner hat das Recht, schriftliche Nachweise hierfür zu verlangen. Die Partei, die sich auf höhere Gewalt beruft, muss ihrerseits deren Eintritt und Auswirkung auf die mögliche Vertragserfüllung nachweisen. Wenn solche Nachweise nicht erbracht wurden, kann die betroffene Partei das Recht verlieren, sich auf höhere Gewalt zu berufen.
Das Zertifikat der Industrie- und Handelskammer der Ukraine stellt eine der Möglichkeiten dar, höhere Gewalt nachzuweisen.
3. Wie können Sie sich vor einer ungerechtfertigten Nichterfüllung eines Vertrags schützen?
Der Eintritt von Umständen höherer Gewalt kann unter anderem durch einen unehrlichen Vertragspartner dazu ausgenutzt werden, um die Erfüllung von vertraglichen Verpflichtungen zu vermeiden. Um sich vor solchen Handlungen zu schützen, ist Folgendes zu beachten:
- tatsächlich nachgewiesenes Vorliegen von Umständen höherer Gewalt (es geht z. B. darum, ob ein Zertifikat der Industrie- und Handelskammer verfügbar ist. Dabei soll das Zertifikat durch die zuständige Industrie- und Handelskammer ausgestellt werden: die regionalen Industrie- und Handelskammern dürfen keine Zertifikate über außenwirtschaftliche Verträge ausstellen);
- ein Zusammenhang zwischen Umständen höherer Gewalt und der Fähigkeit der betroffenen Partei, ihren vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen (z. B., wenn Kampfhandlungen im Westen der Ukraine geführt werden und Häfen blockiert sind, aber es vertraglich vorgesehen ist, dass die Waren per Eisenbahn geliefert werden müssen und die Waren selbst außerhalb der Kampfhandlungszone gelagert werden und keinen Exportbeschränkungen unterliegen – dann können die tatsächlichen Kampfhandlungen auf dem ukrainischen Territorium nicht als Grund zum Aufschub der Erfüllung der Verpflichtungen im Zusammenhang mit höherer Gewalt angesehen werden);
- Einhaltung des Verfahrens zur Anwendung von Höhere-Gewalt-Klauseln (Benachrichtigungsfristen über solche Umstände, das jeweilige Benachrichtigungsverfahren, Aufschiebungsfristen, die gemäß der entsprechenden Klausel angewandt werden dürfen).
4. Wie muss eine vertragliche Höhere-Gewalt-Klausel dargelegt werden
Als Hauptvoraussetzung für die wirksame Anwendung von Höhere-Gewalt-Klauseln gilt deren klare und richtige Darlegung in Verträgen. Gleichzeitig muss eine solche Darlegung nicht nur die Geschäftstransaktionen absichern, sondern auch deren ordnungsgemäße Durchführung nicht beeinträchtigen.
Eine vertragliche Höhere-Gewalt-Klausel trägt tendenziell nur einen formellen Charakter. Solche Klauseln erlauben es nicht, eine Reihe von grundlegenden Fragen zu beantworten (z. B., in welchem Zeitraum muss die Partei, die ihre Verpflichtungen infolge von Umständen höherer Gewalt nicht erfüllen kann, die andere Partei darüber benachrichtigen; in welchem Verfahren und in welcher Form erfolgt die Benachrichtigung; wie sind die Folgen, wenn die andere Partei über einen Fall höherer Gewalt nicht benachrichtigt worden ist; wie soll der tatsächliche Eintritt von Umständen höherer Gewalt nachgewiesen werden).
Beim Vertragsabschluss sollten also die Parteien neben Umständen, die als höhere Gewalt gelten, auch ein detailliertes Verfahren vertraglich festlegen, wie die Gegenpartei über den Eintritt solcher Umstände zu benachrichtigen ist (per Telefon, Messenger, E-Mail, Schreiben usw.), und auch die Folgen dafür vorsehen, wenn dieses Verfahren nicht eingehalten wird.
Darüber hinaus ist es bei Verträgen mit ausländischen Unternehmen wichtig, die Umstände, die als höhere Gewalt gelten können, ausführlich zu beschreiben. Es geht darum, dass, z. B., das englische Recht keine gesetzlich festgelegten Umstände höherer Gewalt enthält. Daher müssen die Parteien deren präzise Auflistung und Kriterien untereinander vertraglich vereinbaren.
Angesichts der tatsächlichen Situation in der Ukraine ist es bei der Beschreibung von Umständen höherer Gewalt wie folgt erforderlich:
- die Definition des Krieges als Umstand höherer Gewalt eingehend zu erläutern. Die traditionelle Definition des Krieges kann nicht ausreichend sein, insbesondere mit Rücksicht auf moderne hybride Angriffsformen. Es ist beispielsweise zu erwähnen, dass als „Krieg“ nicht nur der Zustand bezeichnet werden kann, bei welchem der Krieg offiziell erklärt worden ist, sondern auch die Führung von Kampfhandlungen durch irreguläre und nicht identifizierte Militärverbände, Invasionen ohne Kriegserklärung, Militäroperationen usw. (z. B., der Krieg zwischen der Ukraine und Russland ist zwar völkerrechtlich nicht erklärt worden, aber es gibt tatsächliche Invasionen, Kampfhandlungen und Besetzung);
- die neuesten Methoden der Kriegsführung zu beachten: es geht um Cyberangriffe, Desinformationsaktionen, lokale Diversionsanschläge;
- zu erwähnen, dass Kampfhandlungen auch dann als höhere Gewalt angesehen werden, wenn sie die Erfüllung von Verpflichtungen auf Territorien ohne aktive Kampfhandlungen in materieller Hinsicht beeinträchtigen. Als grundlegendes Qualifikationsmerkmal gilt dabei die Frage, ob sich Kampfhandlungen auf die Fähigkeit der betroffenen Partei, ihren Verpflichtungen nachzukommen, in materieller Hinsicht auswirken;
- alle zusätzlichen Verhandlungen und Vereinbarungen zwischen den Parteien aus dem Verfahren zur Anwendung von Höhere-Gewalt-Klauseln auszuschließen: dies kann unter Kriegsbedingungen objektiv unmöglich sein;
- Kommunikationswege zu vereinfachen: es kann für die Parteien physisch unzugänglich sein, Briefe auszutauschen und deren Empfang zu bestätigen;
- in die Liste von Umständen höherer Gewalt detaillierte Kriegsfolgen aufzunehmen: es geht um Sanktionen, Ausfälle von Zahlungssystemen, Handelsbeschränkungen usw.;
- aus der Liste alle Umstände auszuschließen, die in Kriegszeiten zu einer neuen kommerziellen Realität werden können. Einige der bisher theoretischen Umstände sind zu erwarten und vorherzusagen: es geht um die Verschlechterung der Wirtschaftslage, Inflationsprozesse, Wirtschaftsrückgänge. Wenn alle davon in die Liste von Umständen höherer Gewalt aufgenommen werden, ist es durchaus möglich, in eine Situation zu geraten, wenn der Vertrag grundsätzlich nicht erfüllt werden muss: alles wird als höhere Gewalt angesehen und das Geschäft wird einfach eingestellt;
- die Benachrichtigungs-, Aufschiebungs-, Kündigungs- und Entschädigungsverfahren klar festzulegen.
Wenn Sie weitere Fragen zu den Umständen höherer Gewalt während des Krieges in der Ukraine haben, wenden Sie sich bitte an uns unter info@dlf.ua oder über das Kontaktformular.
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