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7. Januar 2022

Besonderheiten beim Abschluss von GAFTA-Verträgen in der Ukraine

Einleitung
1. Abstimmung der Bedingungen von Vereinbarungen
2. Abschluss einer Vereinbarung
3. Überprüfung der Vollmachten der Vertreter
4. Beilegung von Streitigkeiten
5. Praktische Ratschläge
Anmerkung

 

Die GAFTA-Standardverträge sind heute das Hauptinstrument für ukrainische Agrarunternehmen bei der Abwicklung ihrer Handelsgeschäfte auf dem internationalen Getreidemarkt. Die GAFTA-Standardverträge tragen dazu bei, dass Getreidekäufer und -verkäufer ihre Geschäftsabwicklungen vereinfachen und beschleunigen können.

Gerade diese Vereinfachung wird dabei zur Hauptquelle von Fehlern, die beim Abschluss von Vereinbarungen unter der Verwendung von GAFTA-Musterformularen passieren. Diese Fehler treten beim Abschluss von Verträgen sowohl durch E-Mail-Korrespondenz, wie auch in Schriftform auf. Um solche Fehler zu vermeiden und deren Folgen zu erkennen, wäre es wichtig, auf die Besonderheiten des Einsatzes der GAFTA-Standardverträge in der Ukraine Rücksicht zu nehmen.

1. Abstimmung der Bedingungen von Vereinbarungen

Das englische Recht im Allgemeinen und die Grundsätze des Einsatzes der GAFTA-Standardverträge im Besonderen sind größtenteils in der aktuellen Geschäftspraxis verwurzelt. Ausländische Vertragspartner, die auf dem Getreidemarkt tätig sind, haben sich daran gewöhnt, Hauptbedingungen schnell abzustimmen, so dass sie mehr den Vertrauensgrad gegenüber ihren Geschäftspartnern als schriftliche Unterlagen in Betracht ziehen. Das englische Recht trägt dazu bei, indem es den für die Ukraine traditionellen Nachweisen für Willensäußerungen keine ausschlaggebende Bedeutung beilegt: es geht um Schreiben oder Verträge mit Unterschriften und Siegeln. Es wird vielmehr der Inhalt der Kommunikation zwischen den Vertragspartnern beachtet.

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Bei der Abstimmung von Bedingungen ist es wichtig, nicht nur auf grundlegende kommerzielle Bedingungen (Preise, Produktspezifikationen, Lieferorte usw.), sondern auch auf andere Bedingungen (z.B. Beförderungsvorschriften) achtzugeben. Tatsache ist, dass das vereinfachte Verfahren zum Abschuss von Vereinbarungen im englischen Recht dazu führen kann, dass eine Vereinbarung als abgeschlossen anerkannt werden kann, wenn die Parteien ihre Hauptbedingungen abgestimmt haben. Sonstige Bedingungen können schiedsgerichtlich als solche anerkannt werden, die sich auf die Erfüllbarkeit dieser Vereinbarung nicht auswirken. In diesem Fall müssen die Verpflichtungen erfüllt werden, auch wenn solche Bedingungen durch die Vertragsparteien nicht vereinbart wurden, und deren Erfüllung wird erhebliche Kosten und Verluste mit sich bringen.

Der Einsatz der GAFTA-Standardverträge hat vor allem zum Ziel, die Parteien eines Handelsgeschäfts davon zu befreien, Standardgeschäftsbedingungen in ihren Verträgen zu beschreiben und abzustimmen (Lieferbasis, Verwiegungsbedingungen, Verlängerung Beförderungsfrist, Verzugsfolgen, Benachrichtigungsverfahren, höhere Gewalt). In den GAFTA-Standardverträgen wird der Abschnitt über die Umstände höherer Gewalt als „Prevention of fulfilment“ betitelt, und der Begriff „höhere Gewalt“ wird verwendet, um solche Fälle (“Event of Force Majeure“) allgemein zu definieren. Das spart viel Zeit: es reicht, dass die Vertragsparteien ihre Tabellen mit einer Auflistung von für sie wesentlichen Bedingungen per E-Mail austauschen und den Verweis auf die Nummer eines Musterformulars hinzufügen (z.B: governing contract: GAFTA 78UA) – und das Geschäft gilt als abgeschlossen.

Aber beim Abschluss solcher Vereinbarungen muss man im Auge behalten, dass GAFTA-Standardverträge keine gesetzlichen Regelungen sind und häufig geändert werden. Die Entwicklung des Geschäftsverkehrs wird von der GAFTA präzise überwacht, und ihre Standardverträge werden danach ausgerichtet. Mit dem Handbuch-2018 in der Hand können Vertragspartner höchstwahrscheinlich falsch liegen, was die Bedingungen angeht, denen sie zustimmen. Und auf die vertraglichen Verhältnisse zwischen den Vertragspartnern ist grundsätzlich gerade die Fassung anwendbar, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in Kraft war.

2. Abschluss einer Vereinbarung

Die Unterordnung unter die GAFTA-Standardverträge ermöglicht es den Vertragsparteien eines Handelsgeschäfts, auf den Austausch der auf Papier unterzeichneten und versiegelten Vertragsausfertigungen zu verzichten. Solche Handelsgeschäfte kommen in der Regel durch den Briefwechsel mit jeweiligen Angeboten und Zustimmungen zustande. Der Inhalt solcher Schreiben scheint dabei nur auf den ersten Blick willkürlich zu sein.

Nach der Praxis der englischen und walisischen Gerichte müssen Verträge, unabhängig von deren Form, die folgenden Elemente enthalten, um rechtsverbindlich zu sein:

  • die Beabsichtigung der Vertragsparteien, Rechtsverhältnisse einzugehen;
  • das Angebot einer Vertragspartei, das für die andere Vertragspartei akzeptierbar ist;
  • die Annahme dieses Angebots durch die andere Vertragspartei;
  • gegenseitiges Versprechen der Vertragsparteien, einander etwas zu übergeben, was für die andere Vertragspartei wertvoll ist („consideration“).

In der Praxis bedeutet dies, dass E-Mails neben den Mustertabellen mit Bedingungen und Verweisen auf die Nummer des GAFTA-Musterformulars auch juristische Formeln enthalten müssen, die im Grunde genommen den Briefwechsel in einen vollständigen Vertrag umsetzen.

Wenn der Verkäufer beispielsweise eine Tabelle mit seinen Hauptbedingungen per E-Mail übersendet, muss er in seiner E-Mail die folgende Formel angeben:

„Confirm our side and pls confirm your side following business agreed with you earlier. By accepting this offer Buyer/Seller confirmed all mentioned details and confirmed signature of contract (copy and original) within 10 days from date of this confirmation“.

(„Wir bestätigen unsererseits und bitten Sie darum, die folgenden, mit Ihnen zuvor vereinbarten Bedingungen Ihrerseits zu bestätigen. Mit der Annahme dieses Angebots bestätigt der Käufer/der Verkäufer alle vorstehenden Angaben und bestätigt die Vertragsunterzeichnung (im Original und in Kopien) innerhalb von 10 Tagen ab dieser Bestätigung“).

Bei der Beantwortung eines solchen Schreibens ist die folgende Nuance zu berücksichtigen: um den Abschluss dieser Vereinbarung zu bestätigen, genügt es, dieses Schreiben zu beantworten, indem die Zustimmung auf irgendwelche Weise demonstriert wird.

Die Vereinbarung kommt nur dann nicht zustande, wenn im Antwortschreiben:

  • die Hauptbedingungen anders festgelegt sind; oder wenn
  • es einen direkten Vorbehalt dagegen gibt, dass dieses Schreiben als Bestätigung der Vereinbarung gilt.

Einerseits muss diese Nuance berücksichtigt werden, um eine Vereinbarung „aus Versehen“ nicht abzuschließen. In der Regel reicht es dafür aus, dass das Musterformular dieses Schreibens die folgende Formel beinhaltet: „Dieser Brief dient nur zur Information und gilt nicht als Zustimmung oder Angebot und darf nicht als unsere Beabsichtigung zum Vertragsabschluss definiert werden“.

Andererseits ist diese Nuance umgekehrt zu berücksichtigen – um der anderen Vertragspartei keine Möglichkeit zu geben, auf den Vertrag unter Berufung auf dessen Nichtabschluss zu verzichten. Dafür ist Folgendes notwendig:

  • den ganzen Text des Schreibens vom Vertragspartner (darunter auch automatisch erstellte Texte, klein geschriebene Texte unter allen Unterschriften) zu überprüfen, ob dieser die oben genannte Formel enthält; und
  • eine eindeutige Bestätigung zu verlangen (z.B. das Wort „confirmed“).

3. Überprüfung der Vollmachten der Vertreter

Bei vereinfachten Vertragsabschlüssen ist es wichtig, über eine Bestätigung zu verfügen, dass der Vertrag durch einen bevollmächtigten Vertreter des Vertragspartners unterzeichnet wurde. Es kommt oft vor, dass als Verkäufer (in der ukrainischer Praxis seltener – als Käufer) eine abgesonderte Struktureinheit eines Unternehmens auftritt, die nach ihrer gesetzlich bestimmten Rechtslage keine Vollmachten hat, Verträge im Namen der Muttergesellschaft abzuschließen. In den Gründungsunterlagen des Unternehmens können darüber hinaus Einschränkungen zum Abschluss von Vereinbarungen (nach deren Arten oder Umfängen) oder ein spezielles Verfahren zur gesellschaftsrechtlichen Bewilligung (Beschlüsse der Gesellschafterversammlung, des Aufsichtsrats, des kollegialen Exekutivorgans des Unternehmens usw.) festgelegt werden.

Üblicherweise werden solche Risiken dadurch abgedeckt, dass die folgende Formel in den Angebotstext aufgenommen wird: „By accepting this offer you confirm that all necessary resolutions and decisions from the corporate body were adopted, with unconditional authorization of you to accept the following deal“

(„Durch die Annahme dieses Angebots bestätigen Sie, dass Sie alle erforderlichen Beschlüsse der Unternehmensorgane erhalten haben, die Ihnen das uneingeschränkte Recht zum Abschluss dieser Vereinbarung geben“).

Diese Formel wird selbstverständlich vom Schiedsgericht bei der Verhandlung eines auf diese Vereinbarung bezogenen Streites in Erwägung genommen. Es ist jedoch zweckmäßiger, einen Rahmenvertrag zwischen dem Verkäufer und dem Käufer zu unterzeichnen, in welchem Folgendes festgelegt wird:

  • E-Mail-Adressen, von denen die Vertragsparteien rechtlich bedeutsame Mitteilungen senden und an die sie diese empfangen;
  • urkundliche Nachweise der Vollmachten der Vertreter der Vertragsparteien, die solche Mitteilungen absenden werden;
  • Garantien des Zugangs zur Nutzung der E-Mail-Adresse, von denen die Vertragsparteien ihre rechtlich bedeutsamen Mitteilungen absenden und an die sie diese empfangen, einschließlich der bevollmächtigten Personen.

4. Beilegung von Streitigkeiten

Bei Streitigkeiten über Vereinbarungen unter der Verwendung von GAFTA-Standardverträgen haben die Vertragsparteien das Recht, sich an das Tribunal von Berufsschiedsrichtern zu wenden, das von der GAFTA gebildet und verwaltet wird. Die Schiedsklausel ist in allen GAFTA-Standardverträgen enthalten. Das Schiedsverfahren richtet sich nach den GAFTA-Regeln in der Fassung, die zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Vertragsabschlusses galten. Die Vertragsparteien dürfen die Schiedsklausel ändern, das tun sie jedoch in der Regel nicht.

Solche Streitigkeiten werden nach dem englischen Recht verhandelt. Die GAFTA-Standardverträge enthalten eine besondere Klausel darüber, dass die vertraglichen Vertragsparteien nicht den grundlegenden internationalen Rechtsakten unterliegen, die die Verhältnisse im Rahmen von internationalen privatrechtlichen Verträgen traditionell regeln.

Als Schiedsrichter treten in der Regel professionelle Agrarhändler auf, die keine Rechtsanwälte sind. Dies ist ziemlich wichtig: diese Schiedsrichter verfügen zwar über die notwendigen Kenntnisse im Rechtsbereich, aber als Entscheidungsgrundlage gilt jedoch ihre praktische kaufmännische Erfahrung.

Schiedsentscheidungen können bei der Beschwerdekammer angefochten werden, die zu diesem Zweck gebildet wird. Der Schiedsfall wird durch die Beschwerdekammer neu verhandelt, und sie ist berechtigt, die Entscheidung des erstinstanzlichen Schiedsgerichts aufrechtzuerhalten, zu ändern oder aufzuheben.

Gegen die Entscheidung der Beschwerdekammer kann eine Berufung bei den englischen Gerichten eingelegt werden, dies setzt jedoch voraus, dass sich die Berufung auf rechtliche Aspekte stützt bzw. dass dieser Berufung erhebliche Verstöße zugrunde liegen (Überschreitung der schiedsrichterlichen Kompetenz, Befangenheit der Schiedsrichter usw.).

GAFTA-Schiedssprüche können in der Ukraine vollstreckt werden. Diese Möglichkeit bietet Artikel 390 der ukrainischen Zivilprozessordnung in Verbindung mit den Bestimmungen des New Yorker Übereinkommens vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche.

Aus Sicht des internationalen Handels ist jedoch der von der GAFTA verwendete Mechanismus defaulter posting viel wirksamer. Dieser Mechanismus besteht darin, dass die GAFTA, soweit sich ein Unternehmen weigert, einem Schiedsspruch nachzukommen, eine jeweilige Nachricht auf ihrer Webseite veröffentlichen und diese Information an GAFTA-Mitglieder weiterleiten kann. In Anbetracht dessen, dass die Reputation und das Vertrauen zwischen den Vertragsparteien dem vereinfachten Handelsverfahren zugrunde liegen, können solche Informationen den Handelsverkehr eines Unternehmens, das eine Entscheidung des GAFTA-Schiedsgerichts ignoriert, erheblich beeinträchtigen.

5. Praktische Ratschläge

Um Fehler und deren Folgen beim Abschluss von Vereinbarungen auf dem internationalen Getreidemarkt unter der Verwendung von GAFTA-Standardverträgen zu vermeiden, sollten generell mehrere Grundprinzipien wie folgt eingehalten werden:

1) Es sollten Rahmenvereinbarungen mit Vertragspartnern fixiert werden, in welchen die Regeln für den Abschluss von laufenden Vereinbarungen unter der Verwendung von GAFTA-Standardverträgen festzulegen sind, darunter:

  • das Verfahren zur Bestätigung der Vollmachten der Vertreter der Vertragsparteien;
  • Art der E-Mail-Nutzung beim Austausch von rechtsverbindlichen Mitteilungen (Autorisierung der E-Mail-Adresse);
  • Rechtsformeln, die die Absichten der Vertragspartei angeben: Zustimmung, neues Angebot, Rücktritt von der Vereinbarung usw.;
  • System der Benachrichtigung über den Wechsel der Vertreter und die Änderung deren Vollmachten;
  • Verfahren und Fälle des Austausches von schriftlichen Kopien der Vereinbarungen, die durch den Austausch von E-Mails abgeschlossen wurden;
  • die Regelung und der Status der Vereinbarungen, die durch den Austausch von E-Mails abgeschlossen wurden, bevor ihre schriftlichen Kopien ausgetauscht worden sind.

2) Bevor die Arbeit zum Abschluss der aktuellen Vereinbarungen beginnt, sollten im vereinfachten Verfahren dokumentarische Nachweise über die Vollmachten der Vertreter eingeholt werden, die den Zugang zu den autorisierten E-Mails haben;

3) Bevor die Vereinbarungen mit Verweis auf einen GAFTA-Standardvertrag bestätigt worden sind, sollte dessen Fassung daraufhin überprüft werden, ob diese zum Zeitpunkt der Bestätigung aktuell ist;

4) Es sollte sichergestellt werden, dass es in Schreiben, die zur Bestätigung von Vereinbarungen nicht verwendet werden, die Formel „Dieses Schreiben dient nur zu Informationszwecken und gilt nicht als Zustimmung oder Angebot und kann nicht als unsere Beabsichtigung zum Abschluss eines Vertrags definiert werden“ vorhanden ist.

Anmerkung:

Der GAFTA-Standardvertrag ist ein Musterformular für Handelsverträge, das von der International Grains and Feed Trade Association (GAFTA) entwickelt wurde. Diese Formulare werden unter Berücksichtigung der aktuellen Handelspraktiken auf dem Getreidemarkt entworfen. Die Hauptkriterien für deren Klassifizierung sind die folgenden: Lieferbasis, unterschiedliche Gütertransportmethoden, Herkunftsregionen bzw. -länder (es wurde beispielsweise für die Ukraine der Standardvertrag GAFTA 78UA entwickelt), Besonderheiten von bestimmten Arten der Agrarprodukte.

Die Standardformulare der GAFTA-Verträge bestimmen die meisten technischen Bedingungen von Vereinbarungen: Güterladebedingungen, Bezeichnung von Schiffen, Verlängerung der Verladungsfrist, Bedingungen zu Lieferdokumenten, Versicherung, Entladung, Verletzung der Vertragsbedingungen, Umstände höherer Gewalt usw. Mehr als 80% der Getreidehandelsverträge weltweit werden auf der Grundlage solcher Verträge abgeschlossen. Alle GAFTA-Standardverträge unterliegen dem englischen Recht. Diese Formulare können von den Vereinbarungsparteien unabhängig von ihrer GAFTA-Mitgliedschaft verwendet werden.

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