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2. Juni 2020

Verträge mit ukrainischen Geschäftspartnern. Praktische Aspekte der Durchsetzung

1. Verträge in der Ukraine: was wäre zu beachten
2. Kommunikation
3. Abnahme der Leistungen oder Waren
4. Befugnisse der Vertreter

 

Die Abwicklung gemeinsamer Projekte mit ukrainischen Geschäftspartnern, die Lieferungen von Waren oder die Erbringung von Montagearbeiten an ukrainische Unternehmen sowie das Outsourcing von Dienstleistungen an Freelancer erfolgen zwischen ukrainischen und ausländischen Geschäftspartnern auf der Grundlage von außenwirtschaftlichen Verträgen (Liefer-, Werk-, Dienstleistungsverträge etc.). Immer öfters werden solche Verträge in Eile vereinbart und unterzeichnet, um den Fortschritt im Geschäft und die Umsetzung von Projekten nicht zu verzögern.

Dabei werden leider viele Bestimmungen in den Verträgen außer Acht gelassen, die aber in Krisensituationen oder bei der Verschlechterung der Finanzlage zum Tragen kommen. Dies hat zur Folge, dass die Anzahl von Rechtsstreitigkeiten wegen der Nichterfüllung von Verpflichtungen aus außenwirtschaftlichen Verträgen seitens ukrainischer Geschäftspartner deutlich ansteigt.

Zum großen Erstaunen vieler ausländischer Unternehmen, die gerichtlich gegen ukrainische Geschäftspartner vorgehen wollen, werden viele Vereinbarungen, die beim Abschluss von Verträgen oder bei der Umsetzung von Projekten zwischen den Parteien in verschiedenen Formen getroffen wurden, von ukrainischen Gerichten nicht in Betracht gezogen. Ausländische Unternehmen lassen sich vorwiegend von ihren lokalen Vorschriften und Handelsbräuchen leiten und vergessen dabei, dass die Verträge oder einzelne Bestimmungen dieser Verträge oft dem ukrainischen Recht unterliegen und im Fall von Streitigkeiten auch vor ukrainischen Gerichten zu verhandeln sind.

Zudem werden die Geschäftsbeziehungen oft auf gegenseitigem Vertrauen aufgebaut. Wenn sich aber die Parteien subjektive Gewissheit über die Zuverlässigkeit des Geschäftspartners verschafft haben, werden viele Details außer Acht gelassen, um eine schnelle Projektabwicklung oder Warenlieferung nicht zu behindern. Bei der Erfüllung von außenwirtschaftlichen Verträgen ist besonders auf die Form der Kommunikation zwischen den Geschäftspartnern, die Befugnisse der zur Unterzeichnung bevollmächtigten Vertreter der Vertragsparteien sowie die Abnahme von Dienstleistungen oder Waren zu achten.

Kommunikation

Da ausländische Unternehmen, die mit ihren ukrainischen Partnern gemeinsame Projekte durchführen, sehr oft über keine Vertretungen in der Ukraine verfügen, wird ein Großteil der Kommunikation per E-Mail, telefonisch oder per Messenger geführt. Die Parteien gehen davon aus, dass alle zusätzlichen Vereinbarungen oder Anpassungen zu den Vertragsbestimmungen, die sie per E-Mail-Verkehr getroffen oder in einem Messenger-Chat vereinbart haben, somit auch im Fall eines Streits ohne weiteres als Bestätigung der Vereinbarungen verwendet werden. In der Praxis ist aber die Durchsetzung von Rechten aufgrund der elektronischen Korrespondenz aufgrund von außenwirtschaftlichen Verträgen in ukrainischen Gerichten ziemlich schwierig.

Die Frage, ob E-Mails oder Messenger-Chats als Beweismittel in einem ukrainischen Gerichtsverfahren akzeptiert werden, ist nach eigenem Ermessen des Richters zu entscheiden. Wenn eine Gegenseite die Führung des E-Mail-Verkehrs oder die Kommunikation per Messenger bestätigt, so kann der Richter diese auch in den Prozess einführen. Wenn aber nicht, sind die untenstehenden Details zu beachten.

So ist in der Praxis der Gerichte, die zwar nicht als Rechtsquelle angesehen wird, die für die Verallgemeinerung der Rechtsanwendung jedoch von grundlegender Bedeutung ist, anerkannt, dass bei der Berufung auf E-Mails die Tatsache wichtig ist, ob die Parteien die Möglichkeit des elektronischen Schriftverkehrs vertraglich festgelegt haben. Wenn die Kommunikation zwischen den Parteien im Laufe der Projektabwicklung oder der Erbringung von Leistungen mit der Angabe der bevollmächtigten Kontaktpersonen sowie ihrer E-Mail-Adressen (vorzugsweise Firmen-E-Mail-Adressen) im außenwirtschaftlichen Vertrag ausdrücklich und eindeutig vereinbart wurde, erhöht das die Chancen, dass der Richter den Inhalt der E-Mail-Korrespondenz in Betracht ziehen wird. In besonderen Fällen kann eine sachverständige Begutachtung angeordnet werden, um festzulegen, ob die E-Mail-Korrespondenz tatsächlich stattgefunden hat.

Damit der E-Mail-Verkehr auf der Ebene des Gesetzes als Beweismaterial anerkannt wird, können digitale Signaturen verwendet werden. Die Anwendung einer digitalen Signatur bedarf einer Registrierung, welche die gesamte Korrespondenz zwischen den Parteien erschwert und die deswegen aus diesem Grund nicht sehr verbreitet ist. Der ausländische Vertragspartner soll auch über eine digitale Signatur verfügen. Sie hilft, die Gesamtheit der E-Mails festzulegen und die Person des Absenders zu identifizieren. Diese Methode ist wirksam, sollte aber wegen der Komplexität nur in Ausnahmefällen in Betracht gezogen werden. Aus diesem Grund neigen die meisten Geschäftspartner zu der klassischen Methode der Vertragsgegenzeichnung in Papierform.

Abnahme der Leistungen oder Waren

Eine weitere Frage, die bei der Erfüllung von Verträgen mit ukrainischen Geschäftspartnern eine wichtige Rolle spielt, ist die Abnahme von Leistungen oder die Übernahme von Waren. Bei der Unterzeichnung von außenwirtschaftlichen Werkverträgen einigen sich die Geschäftspartner größtenteils darauf, dass die Bezahlung für die erbrachten Leistungen erst nach der Unterzeichnung des Abnahmeprotokolls erfolgt.

Dadurch ist der ausländische Werkunternehmer an die Unterzeichnung des Übernahmeprotokolls durch den ukrainischen Werkbesteller gebunden. Nachdem die Leistungen schon erbracht worden sind, kann der ukrainische Werkbesteller die Erbringung der Leistungen durch den Werkunternehmer oder deren Umfang bestreiten und die Abnahme des Werkes ablehnen. Für manche Verträge sind gesetzliche Schutzmittel gegen derartige Handlungen des Werkbestellers vorgesehen. So kann z.B. ein Werkunternehmer, der Leistungen erbringt, nach der vollständigen Erbringung der vereinbarten Leistungen ein von ihm unterzeichnetes Übernahmeprotokoll vorbereiten und an den Werkbesteller schicken. Auf diese Weise wird der Werkbesteller aufgefordert, das Übernahmeprotokoll seinerseits zu unterzeichnen. Falls der Werkunternehmer vom Werkbesteller nicht das gegengezeichnete Übernahmeprotokoll erhält, darf er aufgrund des einseitig unterzeichneten Übernahmeprotokolls wegen der Werklohnzahlung ein Gericht anrufen.

Es ist immer äußerst wichtig, bei Lieferverträgen zu überprüfen, ob die Vertreter der Parteien (Logistikfirma oder Abnehmer selbst), die die Waren annehmen, überhaupt die erforderlichen Befugnisse dafür haben, um internationale Frachtbriefe sowie andere Dokumentation zu unterzeichnen. Ohne die Unterschriften und, bei Bedarf, auch den Stempelabdruck der befugten Personen ist es äußerst schwer, vor einem ukrainischen Gericht die Übergabe der Waren zu beweisen.

Grundsätzlich ist aber zu empfehlen, beim Abschluss von Werkverträgen mit ukrainischen Geschäftspartnern, aufgrund derer umfangreiche Dienstleistungen erbracht werden, vor der Unterzeichnung des Übernahmeprotokolls immer Zwischenprotokolle zu unterschreiben. Am besten sollten die Parteien einen Zeitplan für die Erfüllung z.B. von (Montage)Arbeiten vereinbaren und nach jedem Bauabschnitt ein Zwischenprotokoll unterzeichnen. Das kann bei Großprojekten besonders für ausländische Unternehmen ohne Vertretung in der Ukraine ziemlich mühsam werden. Dennoch hat sich dieses Verfahren bewährt, denn damit ersparen sich die Parteien viel Zeit und Geld, die dann für die Feststellung, wer und im welchen Umfang die Leistungen erbracht hat, aufgewendet wurden müssen.

Befugnisse der Vertreter

Ganz wichtig für die Beweisführung im Fall eines Gerichtsverfahrens in der Ukraine sind die Vollmachten und Befugnisse der Vertreter, die im Namen der ukrainischen Gesellschaft mit dem ausländischen Geschäftspartner kommunizieren, die mit dem Vertrag verbundenen Unterlagen, Abnahmeprotokolle, Frachtbriefe, Transportunterlagen etc. unterzeichnen.

Sehr oft wird die schriftliche und elektronische Kommunikation nicht vom Geschäftsführer der ukrainischen Gesellschaft selbst geführt, sondern von den Gesellschaftern – den tatsächlichen Eigentümern des Gesellschaftsvermögens, die als eigentliche Entscheidungsträger angesehen werden. Auch Schreiben, Bestätigungen, Vereinbarungen und Übernahmeprotokolle können von Dritten unterzeichnet werden, die zwar in gewisser Weise mit der ukrainischen Gesellschaft verbunden sein können, offiziell aber über keine Rechtsverhältnisse verbunden sind. Dies hat zur Folge, dass die ukrainischen Gerichte viele Dokumente für unwirksam erklären und außer Acht lassen, da die Personen bei ihrer Unterzeichnung ohne die erforderliche Befugnis gehandelt haben.

Aus diesem Grund sollte man immer darauf achten, dass die Unterzeichnenden sowie Kontaktpersonen, die im Namen der ukrainischen Gesellschaft handeln, über entsprechende Befugnisse verfügen. Diese Information lässt sich aus vielen offiziellen Quellen feststellen, wie z.B. in staatlichen Registern, aus den Vollmachten oder den Bestätigungen der Vertragspartner.

Auf jeden Fall ist es empfehlenswert, sich vor dem Abschluss eines Vertrags mit ukrainischen Geschäftspartnern oder im Lauf seiner Erfüllung über die Besonderheiten und Nuancen von einem Fachmann beraten zu lassen.

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