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30. Juni 2024

Freistellung von Arbeitnehmern während der Mobilisierung in der Ukraine

Einleitung
1. Wie ist die Freistellung geregelt?
2. Welche Unternehmen dürfen Arbeitnehmer freistellen?
3. Wie werden solche Unternehmen festgelegt?
4. Für welchen Zeitraum werden die Arbeitnehmer freigestellt?
5. Wie viele Arbeitnehmerdürfen freigestellt werden?
6. Wer sonst darf noch freigestellt werden?
7. Wie erfolgt eine Freistellung?
8. Praktische Hinweise

 

Die Frage der Mobilisierung ist in der Ukraine äußerst heikel und komplex. Es ist die Pflicht eines jeden ukrainischen Bürgers, das Land vor der russischen Invasion zu schützen. Um den Krieg zu gewinnen, braucht die Ukraine aber nicht nur eine schlagkräftige Armee, sondern auch eine funktionierende Wirtschaft, die die Verteidigungsfähigkeit des Landes gewährleisten kann. Aus diesem Grund gibt es den Mechanismus der Freistellung von Unternehmensmitarbeitern, der immer weiter verbessert wird.

1. Wie ist die Freistellung geregelt?

Derzeit wird die Freistellung von Wehrpflichtigen während des Kriegsrechts durch die Verordnung des Ministerkabinetts der Ukraine Nr. 76 „Einige Fragen der Umsetzung von Bestimmungen des Gesetzes der Ukraine „Über die Mobilisierungsvorbereitung und Mobilisierung“ in Bezug auf die Freistellung von Wehrpflichtigen für die Mobilisierungs- und Kriegszeit“ vom 27.01.2023 geregelt. Es ist jedoch wichtig, auch eine Reihe anderer Rechtsvorschriften zu berücksichtigen, in denen das Verfahren für die Erfassung der Wehrpflichtigen, die Regeln für die Mobilmachung usw. festgelegt sind.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass sich die Regelungen des Freistellungsverfahrens ständig ändern. Diese Änderungen können erhebliche Auswirkungen auf die Möglichkeiten der Unternehmen haben, die für ihre Tätigkeit unerlässlichen Mitarbeiter freizustellen. Es ist daher notwendig, diese Änderungen im Auge zu behalten, um Missverständnisse zu vermeiden.

2. Welche Unternehmen dürfen Arbeitnehmer freistellen?

Das geltende Freistellungsverfahren legt die Anforderungen fest, die Arbeitgeber erfüllen müssen, um ihre Arbeitnehmer freistellen zu können. In Bezug auf die Geschäftswelt legt das geltende Freistellungsverfahren den Mechanismus und die Vorgehensweise für die Freistellung von wehrpflichtigen Arbeitnehmern während des Kriegsrechts für folgende Kategorien von Unternehmen fest:

  • Unternehmen, die für die Deckung des Bedarfs der ukrainischen Streitkräfte und anderer militärischer Verbände in der besonderen Zeit von entscheidender Bedeutung sind,
  • Unternehmen, die für das Funktionieren der Wirtschaft und die Sicherung des Lebensunterhalts der Bevölkerung in der besonderen Zeit von entscheidender Bedeutung sind.

Um als Unternehmen von entscheidender Bedeutung anerkannt zu werden, muss es folgende Kriterien erfüllen:

  • der Gesamtbetrag der im Laufe des Jahres gezahlten Steuern (mit Ausnahme der Zollgebühren) und des einheitlichen Pflichtsozialversicherungsbeitrags muss den Gegenwert von 1,5 Mio. EUR (zum Wechselkurs der Nationalbank der Ukraine) übersteigen,
  • der Betrag der Fremdwährungseinnahmen, ausgenommen Kredite und Darlehen, muss im Jahreszeitraum den Gegenwert von 32 Mio. EUR (zum Wechselkurs der Nationalbank der Ukraine) übersteigen,
  • das Unternehmen muss von strategischer Bedeutung für die Wirtschaft und die Sicherheit des Staates gemäß der vom Ministerkabinett der Ukraine genehmigten Liste sein,
  • das Unternehmen muss für einen Sektor der Volkswirtschaft oder für die Befriedigung der Bedürfnisse einer territorialen Gemeinde von Bedeutung sein,
  • das Unternehmen darf keine Rückstände bei der Zahlung des einheitlichen Pflichtsozialversicherungsbeitrags haben,
  • das Durchschnittsgehalt der Arbeitnehmer des Unternehmens liegt nicht unter dem Durchschnittsgehalt in der Region, und
  • das Unternehmen ist in Diia-City ansässig.

Um als Unternehmen von entscheidender Bedeutung anerkannt zu werden, muss es mindestens 3 der oben genannten Kriterien erfüllen.

Gehört das Unternehmen jedoch zu einer bestimmten Kategorie (Unternehmen des Brennstoff- und Energiesektors, des Gesundheitswesens, des Veterinärwesens, des internationalen Transports usw.), genügt es, wenn es 2 Kriterien erfüllt.

Weitere Informationen über die Kriterien zur Bestimmung, ob ein Unternehmen für die Freistellung von Arbeitnehmern von entscheidender Bedeutung ist

3. Wie werden solche Unternehmen festgelegt?

Die Anerkennung eines Unternehmens als eines von entscheidender Bedeutung erfolgt auf der Grundlage der Erfüllung der festgelegten Kriterien durch:

  • ein Organ der öffentlichen Verwaltung (Ministerkabinett der Ukraine, zuständiges Ministerium usw.) im betreffenden administrativen und wirtschaftlichen Bereich, oder
  • eine (regionale) Gebietsstaatsverwaltung (oder Militärverwaltung, falls vorhanden) auf dem Territorium der betreffenden administrativ-territorialen Einheit.

Unabhängig davon, ob die oben genannten Kriterien erfüllt sind oder nicht, gehören zu den Unternehmen von entscheidender Bedeutung u.a:

  • Vertretungen von Geberorganisationen,
  • Auftragnehmer für internationale technische Hilfe gemäß der vom Sekretariat des Ministerkabinetts der Ukraine genehmigten Liste,
  • die vom Ministerium für Sozialpolitik anerkannten Unternehmen der Prothesen- und Orthesenindustrie, die direkt prothetische und orthopädische Dienstleistungen erbringen, und
  • Unternehmen, die Waren herstellen, Arbeiten ausführen und Dienstleistungen erbringen im Zusammenhang mit der Entwicklung, Herstellung, Reparatur, Modernisierung und Entsorgung von Waffen, militärischer und spezieller Ausrüstung, Munition und deren Bestandteilen zur Deckung des Bedarfs der Streitkräfte und anderer militärischer Verbände. Diese Unternehmen werden vom ukrainischen Ministerium für strategische Industrien bestimmt und haben bestimmte Kriterien einzuhalten.

4. Für welchen Zeitraum werden die Arbeitnehmer freigestellt?

Bei Unternehmen hängt die Freistellungsdauer von den Besonderheiten der Geschäftstätigkeit und dem Status des Unternehmens ab, das als Unternehmen von entscheidender Bedeutung eingestuft wird. Für diese Unternehmen darf der Freistellungszeitraum folgende Fristen nicht überschreiten:

  • die Laufzeit des Vertrags (des Auftrages) über die Lieferung von Waren, die Ausführung von Arbeiten oder die Erbringung von Dienstleistungen, die zur Deckung des Bedarfs der Streitkräfte und anderer militärischer Verbände erforderlich sind. Diese Regelung gilt für Arbeitnehmer von Unternehmen, die für die Deckung des Bedarfs der Streitkräfte und anderer militärischer Verbände in der besonderen Zeit von entscheidender Bedeutung sind;
  • 12 Monate. Diese Regelung gilt für Arbeitnehmer in Betrieben, die für das Funktionieren der Wirtschaft und die Sicherung des Lebensunterhaltes der Bevölkerung in der besonderen Zeit von entscheidender Bedeutung sind.

Die Dauer der Freistellung wird durch einen Beschluss des Wirtschaftsministeriums der Ukraine festgelegt.

5. Wie viele Arbeitnehmer dürfen freigestellt werden?

Bis zu 50 % der in einem solchen Betrieb beschäftigten Wehrpflichtigen, die nach dem Gesetz der Freistellung unterliegen, können freigestellt werden. Für die Berechnung der Quote wird die Basiszahl dieser Arbeitnehmer im Unternehmen am 18. Mai 2024 zugrunde gelegt. Sollte sich die Zahl dieser Arbeitnehmer erhöhen, so wird die Basiszahl dieser Arbeitnehmer im Unternehmen zum Zeitpunkt der Einreichung der Listen zugrunde gelegt.

Es ist zu beachten, dass diese Beschränkung nicht für bestimmte Kategorien von Unternehmen gilt, wie z.B. Auftragnehmer für internationale technische Hilfsprojekte, die für die Wirtschaft von entscheidender Bedeutung sind. Solche Unternehmen (oder Organisationen) werden durch Rechtsakte des Ministerkabinetts der Ukraine bestimmt.

6. Wer sonst darf noch freigestellt werden?

Zusätzlich zu den Arbeitnehmern von Unternehmen, die die Kriterien für Unternehmen von entscheidender Bedeutung erfüllen, können folgende Personen freigestellt werden:

  • letztendliche wirtschaftliche Eigentümer solcher Unternehmen, die nicht deren Arbeitnehmer sind,
  • Mitglieder der Aufsichtsräte von Unternehmen mit strategischer Bedeutung für die Wirtschaft und die Sicherheit des Staates, deren Aktiva oder Jahresnettoeinkünfte 200 Millionen UAH übersteigen,
  • Mitglieder der Aufsichtsräte von Unternehmen mit besonderer wirtschaftlicher Bedeutung, deren Vermögen 2 Milliarden UAH oder deren Jahresnettoeinkommen 1,5 Milliarden UAH übersteigt, und
  • Personen, die als Prothetiker-Orthetiker, Prothesen- und Orthesentechniker, Prothesentechnologen, Protheseningenieure, Mechaniker für prothetische und orthopädische Produkte beschäftigt sind (der Grad ihrer Beteiligung an der Arbeit des Unternehmens muss den festgelegten Bedingungen entsprechen).

7. Wie erfolgt eine Freistellung?

Das Verfahren zur Freistellung von Arbeitnehmern ist grundsätzlich für alle Unternehmen und Organisationen gleich, es gibt jedoch einige Besonderheiten. Diese Besonderheiten hängen von der Behörde ab, die die Listen der zur Freistellung vorgeschlagenen Arbeitnehmer genehmigt. Die Bestimmung der Behörde, die diese Listen genehmigt, hängt wiederum von den Besonderheiten des Unternehmens ab, das zur Freistellung seiner Arbeitnehmer berechtigt ist.

Für Auftragnehmer von Projekten der internationalen technischen Hilfe sieht das Freistellungsverfahren z.B. folgenden Ablauf vor:

  • die Auftragnehmer der internationalen technischen Hilfsprojekte legen dem Sekretariat des Ministerkabinetts der Ukraine eine Liste der wehrpflichtigen Arbeitnehmer vor, die für eine Freistellung vorgeschlagen werden;
  • die Anzahl der wehrpflichtigen Arbeitnehmer, die von solchen Auftragnehmern freigestellt werden können, ist nicht begrenzt (anders als z.B. bei einem normalen Gewerbebetrieb);
  • das Sekretariat des Ministerkabinetts der Ukraine legt diese Liste verfahrensgemäß dem Verteidigungsministerium der Ukraine zur Genehmigung vor;
  • die Freistellung solcher wehrpflichtiger Arbeitnehmer erfolgt durch den Beschluss des Wirtschaftsministeriums der Ukraine auf der Grundlage der vom Verteidigungsministerium der Ukraine bestätigten Listen;
  • dieser Beschluss ist spätestens innerhalb von 5 Arbeitstagen nach Erhalt der genannten Listen zu fassen;
  • das Wirtschaftsministerium der Ukraine übermittelt den Behörden und anderen Staatsorganen, die die Listen vorgelegt haben, sowie dem Verteidigungsministerium der Ukraine ihren Beschluss über die Freistellung von wehrpflichtigen Arbeitnehmern zum Zwecke des Aufschubs vom Antritt des Wehrdienstes;
  • das Verteidigungsministerium der Ukraine informiert innerhalb von 3 Tagen die zuständigen territorialen Zentren für Komplettierung und Sozialbetreuung über den Beschluss;
  • das Unternehmen stellt dem wehrpflichtigen Arbeitnehmer einen Auszug aus dem Beschluss des Wirtschaftsministeriums der Ukraine aus. Der Auszug ist in der gesetzlich vorgeschriebenen Form auszustellen;
  • ein vom Leiter des Unternehmens unterschriebener und mit dem Unternehmenssiegel (falls vorhanden) versehener Auszug ist ein Dokument, das bestätigt, dass dem Arbeitnehmer ein Aufschub gewährt wurde;
  • innerhalb von 5 Tagen nach Aushändigung des Auszugs an den Wehrpflichtigen schickt das Unternehmen eine Mitteilung über die Freistellung an das zuständige territoriale Zentrum für Komplettierung und Sozialbetreuung, bei dem der Wehrpflichtige gemeldet ist. Auch diese Mitteilung muss in der gesetzlich vorgeschriebenen Form erfolgen;
  • das zuständige territoriale Zentrum für Komplettierung und Sozialbetreuung trägt solchen wehrpflichtigen Arbeitnehmer (innerhalb von 5 Werktagen nach Erhalt der Mitteilung) in das Sondermilitärregister ein und trägt die Information über den Aufschub in das einheitliche staatliche Register der Einberufenen, Wehrpflichtigen und Reservisten ein.

8. Praktische Hinweise

Bei der Anwendung des oben beschriebenen Verfahrens ist es ratsam, die folgenden Punkte zu beachten:

  • überprüfen Sie, ob der vom Wirtschaftsministerium der Ukraine erhaltene Beschluss über die Freistellung eines wehrpflichtigen Arbeitnehmers die folgenden Angaben korrekt enthält:
    • Name, Vorname, Vatersname des Arbeitnehmers;
    • Geburtsjahr des Arbeitnehmers;
    • militärische Spezialisierung (Profil) des Arbeitnehmers;
    • Bezeichnung (vollständig und abgekürzt) und Standort des Unternehmens;
    • Code des Unternehmens gemäß EDRPOU (Handelsregisternummer).

Wenn diese Angaben im Beschluss nicht korrekt sind (was vom zuständigen territorialen Zentrum für Komplettierung und Sozialbetreuung zu überprüfen ist), kann die Eintragung des jeweiligen wehrpflichtigen Arbeitnehmers in das Sondermilitärregister verweigert werden. In diesem Fall wird die Freistellung nicht gewährt;

  • es ist zu beachten, dass der Erhalt des Beschlusses des Wirtschaftsministeriums der Ukraine über die Freistellung des wehrpflichtigen Arbeitnehmers nicht bedeutet, dass der Arbeitnehmer freigestellt ist. Die Freistellung wird erst mit der Eintragung des Wehrpflichtigen in das Sondermilitärregisterund mit der Eintragung der Information über den Aufschub in das einheitliche staatliche Register der Einberufenen, Wehrpflichtigen und Reservisten wirksam. Manchmal nutzen die Mitarbeiter des jeweiligen territorialen Zentrums für Komplettierung und Sozialbetreuung diese Tatsache aus und schicken die Wehrpflichtigen zur militärärztlichen Untersuchung. Dies steht im Widerspruch zu den Anforderungen des vom Ministerkabinett der Ukraine festgelegten Einberufungsverfahrens, da das Verfahren für die Gewährung eines Aufschubs vom Antritt des Wehrdienstes während der Mobilisierung aufgrund einer Freistellung keine Überweisung an eine militärärztliche Kommission zur medizinischen Untersuchung vorsieht;
  • die militärischen Meldedaten des freizustellenden Arbeitnehmers müssen gemäß den gesetzlichen Bestimmungen aktualisiert werden. Es ist zu beachten, dass diese Daten nicht nur in den territorialen Zentren für Komplettierung und Sozialbetreuung, sondern auch in den administrativen Servicezentren sowie in einer speziellen mobilen App aktualisiert werden können;
  • ein Auszug aus dem Beschluss des Wirtschaftsministeriums der Ukraine über die Freistellung wird dem wehrpflichtigen Arbeitnehmer vom Unternehmen gegen seine Unterschrift in der Bescheinigung über die Ausstellung von Formularen des Sondermilitärregisters ausgehändigt. Diese Bescheinigung muss ebenfalls der gesetzlich vorgeschriebenen Form entsprechen;
  • ausländische Unternehmen-Nichtresidenten, die in der Ukraine über Vertretungen tätig sind, sollten beachten, dass die Mitarbeiter dieser Vertretungen nicht freigestellt werden können. Derzeit kann die Vertretung eines ausländischen Unternehmens nicht als von entscheidender Bedeutung eingestuft werden, selbst wenn die Aktivitäten des Unternehmens über die Vertretung die festgelegten Kriterien erfüllen. Um Mitarbeiter einer solchen Vertretung freistellen zu können, muss das ausländische Unternehmen eine juristische Person (Tochtergesellschaft) in der Ukraine gründen, die die Kriterien erfüllt und in der Lage ist, Mitarbeiter freizustellen;
  • wenn die Freistellungsperiode eines wehrpflichtigen Arbeitnehmers abläuft, ist es empfehlenswert, das Freistellungsverfahren für eine neue Periode im Voraus (1-2 Monate) einzuleiten, um unangenehme Zwischenfälle in der Zeit zu vermeiden, in der die vorherige Freistellung abläuft und die neue Freistellung noch nicht erteilt wurde.
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