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Factoring in der Ukraine
Einleitung
1. Factoring-Vertrag in der Ukraine
1.1 Gegenstand des Factoring-Vertrags
1.2. Form, Inhalt und Arten des Vertrages
1.3. Factoring auf Grund der Ergebnisse eines Wettbewerbsverfahrens
1.4. Ungültigkeit des Forderungsabtretungsverbots
1.5. Weiterabtretung einer Geldforderung
2. Register der Abtretungen von Geldforderungen
2.1 Register als Informations- und Kommunikationssystem
2.2. Eintragungen in das Register
2.3. Gebühren für Registerdienste
2.4. Gültigkeit der Abtretungen von Geldforderungen. Vorrang
3. Grundlegende Rechte und Pflichten der Factoring-Parteien
3.1 Parteien des Factoring-Rechtsverkehrs
3.2. Pflichten des Kunden
3.3. Benachrichtigung des Schuldners über die Abtretung der Geldforderung
3.4. Erfüllung der Geldforderung durch den Schuldner
3.5. Forderungseinzug im Rahmen eines Factoring-Vertrags mit Rückgriff
Am 30. Juli 2025 trat das Gesetz der Ukraine „Über Factoring“ (nachfolgend das „Gesetz“) in Kraft, das größtenteils am 30. Juli 2026 in Geltung treten wird, jedoch nicht eher als am Tag der Verabschiedung des Gesetzes zur Änderung des Zivilgesetzbuches der Ukraine über die Regelung der Rechtsverhältnisse im Factoring-Bereich.
Das Gesetz legt den allgemeinen Rechtsrahmen für das Factoring in der Ukraine fest und regelt die Beziehungen zwischen Factoren (Factoring-Dienstleistern), Kunden und Schuldnern im Rahmen von Factoring-Dienstleistungen. Es harmonisiert die nationale Gesetzgebung mit internationalen Standards und eröffnet ukrainischen Unternehmen neue Möglichkeiten, ihre Geschäfte durch moderne Factoring-Instrumente zu finanzieren.
1. Factoring-Vertrag in der Ukraine
1.1. Gegenstand des Factoring-Vertrags
Gegenstand eines Factoring-Vertrags ist eine Geldforderung (Geldforderungsrecht). Der Vertrag regelt die Beziehungen der Parteien bei der Abtretung von Geldforderungen im Rahmen eines oder mehrerer Basisverträge, die auf einem oder mehreren Rechtsgeschäften über die Abtretung von Geldforderungen beruhen.
Als Basisvertrag bezeichnet man einen Kauf-, Liefer-/Mietvertrag über ein Vermögen, einen Vertrag über die Übertragung von Rechten an geistigem Eigentum oder einen Werk-, Arbeits- oder Dienstleistungsvertrag (ausgenommen Finanzdienstleistungsverträge, die keine Factoring-Verträge sind) zwischen einem Kunden und einem Schuldner, auf dessen eine Geldforderung entsteht.
Ein Factoring-Vertrag sieht vor:
- der Factor überträgt bzw. verpflichtet sich, dem Kunden Geldmittel zu übertragen, indem er den Preis für das Recht auf Geldforderung gegen eine Gebühr (Vergütung) auf jede im Vertrag vorgesehene Weise bezahlt,
- der Kunde tritt seinerseits sein Recht auf Geldforderung gegen den Schuldner an den Factor ab bzw. verpflichtet sich, es abzutreten.
Je nach Art der Geldforderung (ein bestimmter Teil/die Gesamtheit der Geldforderungen) unterscheidet man das Recht auf:
1) eine bestehende Geldforderung, die auf der Grundlage des Basisvertrags entstanden ist und zum Zeitpunkt des Abtretungsgeschäfts besteht, oder
2) eine künftige Geldforderung, die auf Grundlage des Basisvertrags nach Abschluss des Abtretungsgeschäfts entstehen wird.
1.2. Form, Inhalt und Arten des Factoring-Vertrages
Factoring bezeichnet eine oder mehrere Dienstleistungen, die von einem Factor auf der Grundlage eines Factoring-Vertrags erbracht werden.
Ein Factoring-Vertrag besteht aus einem oder mehreren Dokumenten (einschließlich elektronischer Dokumente), die zwischen dem Factor und dem Kunden ausgetauscht oder an das von ihnen genutzte Informations- und Kommunikationssystem übermittelt werden. Dazu zählen unter anderem ein Rahmenvertrag sowie dokumentierte Abtretungen von Geldforderungen aus dem Basisvertrag bzw. den Basisverträgen.
Ein Factoring-Vertrag muss schriftlich abgeschlossen werden und die im ukrainischen Recht – insbesondere für Finanzdienstleistungsverträge – vorgesehenen Angaben, Bedingungen und Informationen über die Art des Factorings enthalten.
Je nachdem, wie das Risiko der Nichterfüllung bzw. nicht ordnungsgemäßen Erfüllung von Verpflichtungen durch den Schuldner verteilt ist, werden folgende Arten des Factorings unterschieden:
1) Factoring ohne Rückgriff: hierbei hat der Factor das Recht, vom Kunden die Zahlung eines Teils oder des vollen Wertes der abgetretenen Geldforderung zu verlangen. In diesem Fall trägt der Factor das Risiko der Nichterfüllung oder der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung der abgetretenen Forderung durch den Schuldner.
2) Factoring mit Rückgriff: in diesem Fall ist der Kunde verpflichtet, dem Factor im Falle der Nichterfüllung oder der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung der abgetretenen Geldforderung durch den Schuldner den im Factoring-Vertrag festgelegten Betrag zu zahlen.
1.3. Factoring auf Grund der Ergebnisse eines Wettbewerbsverfahrens
Ein Factoring-Vertrag kann im Anschluss an ein Wettbewerbsverfahren (u. a. in Form einer elektronischen Auktion auf elektronischen Plattformen unter Nutzung der Dienstleistungen des elektronischen Handelssystems) auf der nationalen digitalen Plattform für die Beschaffung von Aktiva-Finanzierungen (Factoring) abgeschlossen werden.
Wenn der Basisvertrag gemäß dem ukrainischen Gesetz „Über das öffentliche Auftragswesen“ abgeschlossen wird, ist ein Wettbewerbsverfahren obligatorisch.
1.4. Ungültigkeit des Forderungsabtretungsverbots
Bestimmungen in etwaigen Verträgen, die das Recht des Kunden auf Abtretung der Geldforderung aus dem Basisvertrag auf Grundlage eines Factoring-Vertrags verbieten oder einschränken – einschließlich solcher, die Sanktionen für eine solche Abtretung vorsehen – gelten als nichtig.
Der Factoring-Vertrag ist unabhängig davon gültig, ob in dem Basisvertrag Bestimmungen enthalten sind, die die Abtretung des Geldforderungsrechts verbieten oder einschränken.
1.5. Weiterabtretung einer Geldforderung
Eine Weiterabtretung der Geldforderung durch den Factor an einen Dritten ist nur zulässig:
1) wenn sie im Factoring-Vertrag vorgesehen ist, oder
2) auf der Grundlage eines Vertrags über vertrauliches Factoring.
Beim vertraulichen Factoring, auch Factoring mit Rückgriff genannt, erfüllt der Kunde eine Geldforderung aus dem Basisvertrag an den Factor, ohne dass der Schuldner von der Abtretung der Geldforderung in Kenntnis gesetzt werden muss.
2. Register der Abtretungen von Geldforderungen
2.1. Register als Informations- und Kommunikationssystem
Nach ukrainischem Recht ist das Register der Abtretungen von Geldforderungen aus Factoring-Verträgen (das „Register“) ein Informations- und Kommunikationssystem, das Folgendes umfasst:
1) ein öffentliches elektronisches Register zur Registrierung von Abtretungen von Geldforderungen im Rahmen von Factoring-Verträgen und zur Veröffentlichung von Informationen über registrierte Abtretungen von Geldforderungen in Echtzeit, sowie
2) ein über das Internet abrufbares elektronisches Factoring-System, das die Registrierung von Personen, die automatische Eingabe, den Empfang und die Übermittlung von Informationen und Dokumenten in elektronischer Form im Rahmen der Verhältnisse, die sich aus einem Factoring-Vertrag ergeben, sowie die Nutzung von Dienstleistungen mit automatischem Informationsaustausch ermöglicht.
2.2. Eintragungen in das Register
Die Abtretung einer Geldforderung im Rahmen eines Factoring-Vertrags ist eintragungspflichtig.
Eine Ausnahme bildet ein Vertrag über vertrauliches Factoring.
Die Eintragung der Abtretung einer Geldforderung erfolgt automatisch auf der Grundlage des Antrags des Factors, den dieser innerhalb von drei Werktagen nach Abschluss des Factoring-Vertrags selbstständig stellt.
Auf Grundlage der Ergebnisse der Registrierung des Abtretungsrechts aus dem Factoring-Vertrag wird ein entsprechender Eintrag gebildet und eine Registrierungsnummer vergeben.
Die Eintragung wird im Register fünf Jahre lang aufbewahrt, gerechnet ab dem Tag, an dem die Frist für die Erfüllung der Geldforderung abgelaufen ist oder die Eintragung gelöscht wurde. Auf Antrag des Factors kann die Gültigkeit der Eintragung im Register verlängert werden.
2.3. Gebühren für Registerdienste
Die Bereitstellung der Registerdienste ist gebührenpflichtig. Die Gebührenhöhe und das Verfahren werden in der Registerordnung festgelegt. Zu diesen Dienstleistungen gehören:
- Eintragung der Abtretung einer Geldforderung,
- Änderung des Eintrags,
- Eintragung von Informationen über die Löschung einer Eintragung,
- Änderung der Informationen über die Löschung einer Eintragung,
- Bereitstellung eines Auszugs aus dem Register, und
- Eintragung in das elektronische Factoring-System.
Die Erteilung eines Registerauszugs auf Antrag des Schuldners oder einer staatlichen Stelle ist gebührenfrei.
Die Einsichtnahme in öffentliche Informationen aus dem Register auf der Grundlage des Suchergebnisses ist ebenso gebührenfrei.
2.4. Gültigkeit der Abtretungen von Geldforderungen. Vorrang
Die Rechte und Pflichten aus dem Factoring-Vertrag in den Beziehungen zwischen dem Factor und dem Kunden entstehen ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrags, sofern der Vertrag nichts anderes vorsieht.
Wenn das Gericht nichts anderes feststellt, gilt der Factor, der die Abtretung des Forderungsrechts erworben und registriert hat, gegenüber einem anderen Factor, der die Abtretung desselben Rechts nicht registriert hat, als gutgläubiger Erwerber dieses Forderungsrechts.
Der Vorrang ist das Vorkaufsrecht des Factors gegenüber dem Recht einer anderen Person auf dasselbe Forderungsrecht.
Der Vorrang gilt für:
- die frühere Eintragung einer Abtretung einer Geldforderung,
- eine eingetragene Abtretung eines Geldforderungsrechts vor einer nicht eingetragenen Abtretung, sowie
- die Belastung des Geldforderungsrechts vor dessen späterer Abtretung.
Der Vorrang einer Abtretung einer Geldforderung wird nicht dadurch berührt, dass dem Factor eine andere, nicht eingetragene Abtretung derselben Geldforderung bekannt ist.
3. Grundlegende Rechte und Pflichten der Factoring-Parteien
3.1. Parteien des Factoring-Rechtsverkehrs
Factor ist ein Finanzdienstleister, der gemäß dem Gesetz zur Erbringung von Factoring-Dienstleistungen berechtigt ist.
Anmerkung: Ein Factor kann auch ein Nicht-Resident sein, der nach dem Recht des Staates, in dem er ansässig ist, zur Erbringung von Factoring-Dienstleistungen berechtigt ist.
Kunde – eine juristische Person oder ein Einzelunternehmer, der dem Factor das Recht auf eine Geldforderung aus dem Basisvertrag abtritt.
Schuldner – eine natürliche Person, ein Einzelunternehmer oder eine juristische Person, die zur Zahlung eines Geldbetrags zur Erfüllung einer Geldforderung aus dem Basisvertrag verpflichtet ist.
3.2. Pflichten des Kunden
Nach ukrainischem Recht haftet der Kunde gegenüber dem Factor für die Gültigkeit der abgetretenen Geldforderung, sofern der Factoring-Vertrag keine andere Regelung trifft.
Bei einem Factoring-Vertrag ohne Rückgriff haftet der Kunde hingegen nicht für die Nichterfüllung bzw. nicht ordnungsgemäße Erfüllung der Geldforderung durch den Schuldner.
Bei einem Vertrag mit Rückgriff ist der Kunde hingegen verpflichtet, bei Nichterfüllung oder nicht ordnungsgemäßer Erfüllung der abgetretenen Forderung durch den Schuldner an den Factor den im Vertrag genannten Betrag (jedoch höchstens den Betrag der Forderung aus dem Basisvertrag) zu zahlen.
Der Kunde ist verpflichtet:
1) vor Abschluss des Factoring-Vertrags den Factor über alle Beschränkungen der Forderungsabtretung sowie über die Rechte Dritter zu informieren,
2) dem Factor alle Schäden zu ersetzen, die aus folgenden Gründen entstanden sind:
- Abtretung der gleichen Geldforderung durch den Kunden an einen anderen Factor oder
- Verletzung der Pflicht, den Factor über alle Beschränkungen und Rechte Dritter zu informieren
3.3. Benachrichtigung des Schuldners über die Abtretung der Geldforderung
Nach der Eintragung der Abtretung des Forderungsrechts im Register hat der Factor dem Schuldner innerhalb von drei Werktagen eine Mitteilung über die Abtretung zu übermitteln.
Die Benachrichtigung erfolgt schriftlich (in Papier- oder elektronischer Form) und, sofern der Schuldner im Register eingetragen ist, über das elektronische Factoring-System, es sei denn, er hat dort angegeben, dass er den Erhalt von Benachrichtigungen über dieses System ablehnt.
3.4. Erfüllung der Geldforderung durch den Schuldner
Der Schuldner ist verpflichtet, dem Factor den Geldbetrag zur Erfüllung der Geldforderung zu zahlen, vorausgesetzt, dass:
- die Abtretung der Geldforderung in das Register eingetragen ist und
- der Schuldner eine Mitteilung über die Abtretung erhalten hat.
Die Zahlung einer Geldforderung durch den Schuldner an den Kunden gilt als ordnungsgemäße Erfüllung seiner Verpflichtung aus dem Basisvertrag, wenn:
- die Abtretung der Geldforderung nicht in das Register eingetragen ist und/oder
- der Schuldner nicht schriftlich von der Abtretung benachrichtigt worden ist (Weiterabtretung) oder
- die Mitteilung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht oder
- die Mitteilung weniger als sieben Werktage vor dem Zeitpunkt der Erfüllung der abgetretenen Geldforderung aus dem Basisvertrag abgesandt wurde.
Die Erfüllung einer Geldforderung des Schuldners gegenüber einem Factor (aus der letzten Abtretung) entbindet den Schuldner von seiner Verpflichtung, eine Geldforderung gegenüber einem Kunden (aus den vorherigen Abtretungen) zu erfüllen.
3.5. Forderungseinzug im Rahmen eines Factoring-Vertrags mit Rückgriff
Der Factor hat das Recht, vom Kunden die teilweise oder vollständige Zahlung der Geldforderung aus dem Factoring-Vertrag mit Rückgriff zu verlangen.
Nach Erhalt dieser Aufforderung ist der Kunde verpflichtet, dem Factor den im Factoring-Vertrag genannten Betrag zu zahlen (jedoch nicht mehr als den Wert der Geldforderung aus dem Basisvertrag). Der Factor ist dann verpflichtet, die Geldforderung an den Kunden abzutreten.
Wenn der Schuldner nicht schriftlich über die Abtretung der Forderung durch den Factor an den Kunden informiert wurde, gilt die Zahlung der Forderung von dem Kunden an den Factor als ordnungsgemäße Erfüllung seiner Verpflichtung aus dem Basisvertrag.
