Subunternehmer bei Projekten der Internationalen Technischen Hilfe in der Ukraine
Einleitung
1. Vertragsabschlüsse in der Ukraine
2. Prüfung des Vertragspartners
• Bestätigung der Rechtspersönlichkeit
• Prüfung der Vertretungsberechtigung
• Prüfung der Sanktionsrisiken
3. Besonderheiten bei Abschluss und Durchführung von Verträgen in der Kriegszeit
• Gesetzliche Beschränkungen
• Höhere Gewalt
4. Besonderheiten bei Verträgen mit Subunternehmern
• Status des Subunternehmers
• Akkreditierung des Subunternehmers
• Beauftragung des Subunternehmers
• Besonderheiten der Verträge
5. Besteuerung und Berichterstattung von Subunternehmern
• Steuervergünstigungen für Subunternehmer
• Berichterstattung des Subunternehmers
Als Internationale Technische Hilfe (ITH) werden in der Ukraine finanzielle und andere Ressourcen und Dienstleistungen bezeichnet, die von den Entwicklungspartnern im Rahmen internationaler Abkommen zur Unterstützung der Ukraine unentgeltlich und unwiderruflich bereitgestellt werden. Bei der Durchführung von ITH-Projekten werden häufig Subunternehmer eingesetzt.
Verträge mit Subunternehmern werden in der Regel auf einer allgemeinen Rechtsgrundlage abgeschlossen, es gibt jedoch eine Reihe von Besonderheiten.
Für gebietsfremde Auftragnehmer (sog. Nicht-Residenten) in Projekten der internationalen technischen Hilfe in der Ukraine ist es wichtig, nicht nur diese Besonderheiten zu kennen, sondern auch das Verfahren für den Abschluss von Verträgen mit Subunternehmern in der Ukraine im Allgemeinen. Dies wird dazu beitragen, die Risiken zu verringern und die ordnungsgemäße Nutzung der Ressourcen der internationalen Partner in der Ukraine zu sichern.
1.Vertragsabschlüsse in der Ukraine
Das ukrainische Recht sieht vor, dass grundsätzlich jede Auftragsarbeit unter Beteiligung Dritter ausgeführt werden kann.
Verträge in der Ukraine müssen bestimmte Elemente enthalten, nämlich:
- gegenseitiges Einverständnis über alle wesentlichen Vertragsbedingungen;
- Abgabe eines Angebots auf Abschluss eines Vertrages („Offerte“);
- die Annahme des Angebots („Akzept“);
- Angabe des Ortes und des Zeitpunkts durch die Parteien, ab dem der Vertrag als abgeschlossen gilt; und
- sonstige Besonderheiten für bestimmte Arten von Verträgen.
Der Inhalt eines Vertrages umfasst alle Vereinbarungen, die nach dem Willen der Vertragsparteien Vertragsbestandteil werden sollen: dies sind zum einen die Bedingungen, die von den Parteien nach eigenem Ermessen festgelegt und vereinbart werden, und zum anderen die Bedingungen, die nach ukrainischem Recht zwingend vorgeschrieben sind.
Ein Vertrag gilt als abgeschlossen, wenn sich die Parteien über alle wesentlichen Vertragsbedingungen geeinigt haben.
Ein Vertrag wird in der Regel in Form eines einzigen Dokuments abgeschlossen. Änderungen des Vertrags müssen in derselben Form wie der Hauptvertrag erfolgen, es sei denn, der Vertrag sieht ein besonderes Verfahren vor.
Das Verfahren für Anzeigen mit vertraglichen Folgen ist einzuhalten: Kündigung des Vertrages, Aufschub von Verpflichtungen, Rückgabe von Waren oder Verweigerung der Erfüllung von Verpflichtungen im Allgemeinen (z.B. Beanstandung der mangelhaften Qualität von Waren: im Vertrag können die Frist und der Inhalt der Anzeigeüber die mangelhafte Qualität der Waren festgelegt werden), Anzeige über das Vorliegen höherer Gewalt (im Vertrag kann eine Frist für die Abgabe einer solchen Anzeige festgelegt werden) usw.
2.Prüfung des Vertragspartners
Die Prüfung des Vertragspartners umfasst eine Bestätigung der Rechtspersönlichkeit des Vertragspartners, der Befugnisse seiner Vertreter und eine Prüfung der Sanktionsrisiken.
Bestätigung der Rechtspersönlichkeit des Vertragspartners
Die Bestätigung der Rechtspersönlichkeit des Vertragspartners erfolgt auf der Grundlage von:
- Registrierungsunterlagen des Vertragspartners (Auszug aus dem staatlichen Register, Auszug aus dem Handels- oder Gerichtsregister, je nach Gerichtsbarkeit des Vertragspartners);
- Gründungsdokumente (Satzung, Vertrag usw.).
Diese Dokumente müssen die ordnungsgemäße Registrierung des Vertragspartners und das Fehlen von Beschränkungen, die den Abschluss und die Erfüllung des Vertrags beeinträchtigen könnten, bestätigen.
Prüfung der Vertretungsberechtigung
Die Prüfung der Befugnisse der Vertreter des Vertragspartners erfolgt auf der Grundlage der Angaben in folgenden Unterlagen:
- in den Registrierungsunterlagen (Auszug oder Abschrift aus dem Register);
- in den Gründungsunterlagen (Satzung, Protokolle/Beschlüsse der Gesellschafterversammlung);
- in gesonderten Dokumenten, die die Befugnisse der einzelnen Vertreter bestätigen (Vollmachten); und/oder
- in den Ausweisdokumenten des Vertreters (Reisepass oder Personalausweis).
Bei diesen Verträgen handelt es sich in der Regel um komplexe Dokumente, die im Laufe ihrer Ausführung die Unterzeichnung zusätzlicher Dokumente (Spezifikationen, Rechnungen, Vereinbarungen zur Änderung und Ergänzung des Liefervertrags) erfordern. Der Vertreter des Vertragspartners muss nicht nur zur Unterzeichnung eines bestimmten Vertrages, sondern auch zur Unterzeichnung jedes einzelnen dieser Dokumente befugt sein.
Prüfung der Sanktionsrisiken
Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine stellen unvorsichtige Geschäfte mit einem mit Sanktionen belegten Vertragspartner nicht nur ein Risiko für die Vertragserfüllung dar, sondern bergen auch erhebliche Reputationsrisiken.
Aufgrund der erhaltenen Registrierungsangaben des Vertragspartners kann dieser z.B. anhand folgender internationaler und nationaler Sanktions- und Sperrlisten bzw. Datenbanken überprüft werden:
- Sanktionsbeschlüsse der EU;
- UK-Sanktionsliste;
- Suche in der Sanktionsliste des Office of Foreign Assets Control (USA);
- Konsolidierte autonome Sanktionsliste Kanadas;
- Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) in der Schweiz – Suche nach sanktionierten Personen, Unternehmen und Organisationen.
Es lohnt sich auch, den Vertragspartner zusätzlich zu überprüfen und dabei den Empfehlungen des Financial Crimes Enforcement Network (FinCEN) zu folgen. Diesen Empfehlungen zufolge ist Vorsicht geboten, wenn:
- Informationen über Änderungen in der Eigentümerstruktur des Vertragspartners in den letzten 3-4 Monaten vorliegen;
- die Struktur der Eigentumskette bis zum Endbegünstigten undurchsichtig und verwirrend ist;
- offene Daten über den Vertragspartner auf eine langfristige Zusammenarbeit mit sanktionierten Unternehmen und/oder Personen hindeuten;
- die Bankkonten des Vertragspartners erst kurz vor Vertragsabschluss eröffnet wurden;
- der Vertragspartner darauf besteht, einen Vertrag mit Unternehmen abzuschließen, die erst kürzlich gegründet wurden und mit denen er bisher nicht öffentlich in Verbindung gebracht wurde.
3. Besonderheiten bei Abschluss und Durchführung von Verträgen in der Kriegszeit
Gesetzliche Beschränkungen
Beim Abschluss von Verträgen sind rechtliche Einschränkungen zu beachten, die sich auf die Erfüllung solcher Verträge auswirken können.
In den meisten Fällen ist die Abrechnung im Zusammenhang mit der Durchführung von ITH-Projekten (Programmen) gesondert geregelt. Die Regelungen ändern sich jedoch in dynamischer Weise, so dass es notwendig ist, die gesetzlichen Bestimmungen und Anforderungen für jeden einzelnen Vertrag mit Subunternehmern zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu prüfen.
Höhere Gewalt
Zu den Umständen, die im gegenwärtigen Sicherheitsumfeld in der Ukraine als höhere Gewalt angesehen werden können, gehören nicht nur die Kampfhandlungen und die damit verbundenen sicherheitsbezogenen und rechtlichen Einschränkungen und Folgen, sondern auch:
- Handels- und Rechtsbeschränkungen durch die Regierung;
- Sanktionen gegen Vertragspartner oder Beteiligte in Logistik- und Handelsketten;
- Verpflichtungen gegenüber dem ukrainischen Staat aufgrund des Kriegsrechts (Mobilisierung von Personal und Ausrüstung).
Unter diesen Umständen sollten Verträge, die mit ukrainischen Vertragspartnern geschlossen und/oder die auf ukrainischem Territorium erfüllt werden, eine Klausel über höhere Gewalt enthalten, in der die Umstände, die als höhere Gewalt angesehen werden können, im Einzelnen beschrieben werden.
Der Vertragspartner, der sich auf solche Umstände beruft, muss deren Vorliegen, die Erfüllung der Kriterien für höhere Gewalt und den Zusammenhang zwischen diesen Umständen und der Nichterfüllung des Vertrages nachweisen.
In der Ukraine wird das Vorliegen höherer Gewalt von der Industrie- und Handelskammer der Ukraine und den von ihr bevollmächtigten regionalen Industrie- und Handelskammern durch Ausstellung eines entsprechenden Zertifikats bestätigt. Die regionalen Industrie- und Handelskammern der Ukraine dürfen keine Zertifikate über ausländische Wirtschaftsverträge ausstellen.
4. Besonderheiten bei Verträgen mit Subunternehmern bei Projekten der Internationalen Technischen Hilfe
Status des Subunternehmers
Nach ukrainischem Recht ist ein Subunternehmer eines ITH-Projekts jede Person (Resident oder Nicht-Resident), die eine schriftliche Vereinbarung (Vertrag) mit dem Auftragnehmer oder Hilfenehmer hat, die Durchführung eines Projekts der Internationalen technischen Hilfe ganz oder teilweise sicherstellt und die Beschaffungsvorgänge unter Verwendung der Mittel der Internationalen technischen Hilfe im Rahmen des ITH-Projekts durchführt.
Zur Durchführung des ITH-Projekts wird zwischen dem Auftragnehmer und dem Subunternehmer eine Vereinbarung/ein Vertrag geschlossen.
Akkreditierung des Subunternehmers
Im Gegensatz zum Auftragnehmer eines Projekts der Internationalen technischen Hilfe ist die Akkreditierung eines Subunternehmers beim Sekretariat des Ministerkabinetts der Ukraine nicht erforderlich. Daher muss der Subunternehmer keine zusätzlichen Registrierungsverfahren durchlaufen.
Beauftragung des Subunternehmers
Das ukrainische Gesetz enthält keine Bestimmungen über das Verfahren und die Kriterien für die Auswahl eines Subunternehmers für ein ITH-Projekt.
Die Entscheidung über die Beauftragung eines Subunternehmers kann entweder vom Auftragnehmer oder vom Hilfenehmer im Rahmen eines ITH-Projektes getroffen werden, wobei eine entsprechende schriftliche Vereinbarung abzuschließen ist.
Auch nach der Registrierung des ITH-Projekts ist es möglich, Änderungen am Beschaffungsplan im Zusammenhang mit der Festlegung von Subunternehmern vorzunehmen. Zu diesem Zweck muss der Entwicklungspartner (Auftragnehmer) oder der Empfänger der internationalen technischen Hilfe (Hilfenehmer) dem Sekretariat des Ministerkabinetts der Ukraine einen aktualisierten Beschaffungsplan zusammen mit einer Kopie des Untervertrags vorlegen.
Besonderheiten der Verträge mit Subunternehmern
Verträge mit Subunternehmern von ITH-Projekten werden grundsätzlich gemäß dem allgemeinen Verfahren für den Abschluss und die Ausführung von Verträgen in der Ukraine abgeschlossen.
Es ist jedoch zu beachten, dass ein Vertrag mit einem Subunternehmer für Projekte der Internationalen technischen Hilfe nicht im Widerspruch zum Vertrag zwischen dem Entwicklungspartner und dem Auftragnehmer oder zu anderen Dokumenten stehen darf, in denen die Bedingungen für das Projekt der Internationalen technischen Hilfe festgelegt sind.
5. Besteuerung und Berichterstattung von ITH-Subunternehmern
Steuervergünstigungen für Subunternehmer
Ein Subunternehmer im Rahmen eines Projekts der internationalen technischen Hilfe hat in der Ukraine Anspruch auf folgende Steuervergünstigungen:
- Steuerbefreiung für die Lieferung von Waren bzw. die Erbringung von Dienstleistungen im Zollgebiet der Ukraine sowie für die Einfuhr von Waren in das Zollgebiet der Ukraine in Form Internationaler technischer Hilfe;
- Steuerbefreiung für die Lieferung von Waren bzw. die Erbringung von Dienstleistungen im Zollgebiet der Ukraine sowie für die Einfuhr von Waren in das Zollgebiet der Ukraine, die aus Mitteln der Internationalen technischen Hilfe finanziert werden.
Berichterstattung von Subunternehmern
Ein Subunternehmer eines Projekts der Internationalen technischen Hilfe, der Anspruch auf Steuervergünstigungen hat, muss bis zum 20. eines jeden Monats eine schriftliche und elektronische Informationsbestätigung an die zuständige Abteilung des Staatlichen Steuerdienstes der Ukraine übermitteln, bei der er als Steuerzahler registriert ist.
Die Informationsbestätigung muss u.a. folgende Angaben enthalten
- Bezeichnung des ITH-Projekts (ITH-Programms);
- Datum und Nummer der staatlichen Registrierung des ITH-Projekts (ITH-Programms);
- Name des Entwicklungspartners;
- geschätzte Kosten des ITH-Projekts (ITH-Programms); (Kostenvoranschlag in der im ITH-Projekt angegebenen Währung);
- Informationen über den Verkäufer von Waren, Arbeiten und Dienstleistungen, die mit Mitteln der internationalen technischen Hilfe zu Vorzugsbedingungen beschafft wurden, und sonstige Informationen.
Die allgemeine steuerliche und buchhalterische Berichterstattung des Subunternehmers erfolgt nach dem allgemeinen Verfahren, das in der Gesetzgebung der Ukraine festgelegt ist, wobei die Besonderheiten der Buchführung und Berichterstattung bei der Inanspruchnahme von Steuervergünstigungen zu berücksichtigen sind.