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  5. Produktionsansiedlung in der Ukraine – Lohnveredelung
29. Juni 2023

Produktionsansiedlung in der Ukraine – Lohnveredelung

1. Was sind zu veredelnde Rohstoffe, was ist das Lohnveredelungsregime?
2. Einschränkungen bei der Lohnveredelung
3. Bedingungen für den Einsatz des Lohnveredelungsregimes
4. Haftung für Verstöße gegen die Bedingungen
5. Bedingungen für die Wiederausfuhr
6. Gleichwertige Waren
7. Abfälle und Rückstände
8. Empfehlungen zu den Bedingungen von Lohnveredelungsverträgen

 

1. Was sind zu veredelnde Rohstoffe, was ist das Lohnveredelungsregime?

Die Ukraine liegt an der Grenze zur Europäischen Union und verfügt auch über gute logistische Verbindungen zu anderen westlichen Ländern. Deshalb ist die Ukraine ein idealer Ort für ausländische Unternehmen, welche ihre Produkte auf Basis der Lohnveredelung herstellen und diese Produkte an ihre westlichen Kunden liefern. Das Lohnveredelungszollregime wurde viele Jahre lang vor allem durch Zulieferer von Autoteilen, Textilunternehmen und Möbelherstellern genutzt, welche ihre Produkte überwiegend in Handarbeit herstellen.

Als zu veredelnde Rohstoffe gelten nach der ukrainischen Gesetzgebung solche Rohstoffe (Materialien, Halbfabrikate, Zubehör, Energieträger), welche sich im Eigentum eines Unternehmens (Auftraggeber) befinden und zur Herstellung von Fertigprodukten an ein anderes Unternehmen (Hersteller) übergeben werden, mit weiterer Über- bzw. Rückgabe dieser Produkte.

Zu Lohnveredelungsgeschäften gehören dabei solche Geschäfte, bei welchen die Rohstoffe des Auftraggebers in einer bestimmten Phase ihrer Veredelung mindestens 20% der Gesamtkosten der Fertigprodukte ausmachen.

Es ist in der Ukraine gesetzlich erlaubt, ausländische Waren in das ukrainische Zollgebiet im Lohnveredelungszollregime für einen Zeitraum von bis zu einem Jahr vorübergehend einzuführen. Dabei wird die Frist individuell je nach erforderlichem Veredelungsprozess festgelegt. Die Frist beginnt jeweils mit dem Tag der Einfuhr der zu veredelnden Waren in das ukrainische Zollgebiet. Die Waren werden in das Lohnveredelungszollregime überführt, wobei sie von der Zahlung von Zollgebühren vollständig befreit sind, sofern die veredelten Produkte weiterhin wieder ausgeführt werden. Solche Waren unterliegen keiner Zertifizierung in der Ukraine.

2. Einschränkungen bei der Lohnveredelung

Im Rahmen von Lohnveredelungsprojekten dürfen jedoch weder Fleisch noch essbare Nebenprodukte eingeführt werden. Auch Kleidung und andere Gebrauchsgüter fallen unter diese Beschränkungen. In dieses Zollregime dürfen auch keine Waren eingeführt werden, bei deren Veredelung Schrott aus Schwarz- oder Buntmetalllegierungen sowie Halbfertigprodukte entstehen.

Darüber hinaus ist es bei der Veredelung von ausländischen Waren nicht erlaubt, ukrainische Waren (außer Treibstoffe und Energie) zu verwenden, für welche ein Ausfuhrzoll gesetzlich vorgesehen ist.

Die ukrainische Regierung kann für bestimmte Waren zusätzliche Beschränkungen, Bedingungen oder Lockerungen festlegen. Gleichzeitig wird die Veredelung von Waren (Rohstoffen), welche zum Zeitpunkt der Einführung der neuen Regelung bereits in das Lohnveredelungsregime überführt wurden, zu den Bedingungen beendet, welche zum Zeitpunkt der Überführung dieser Waren in das Lohnveredelungsregime galten.

Dass ausländische Investitionen in die Lohnveredelungsindustrie herangezogen werden müssen, wird auch im Assoziierungsabkommen zwischen der Ukraine und der Europäischen Union gefordert, welches im Jahre 2016 in Kraft getreten ist.

3. Bedingungen für den Einsatz des Lohnveredelungsregimes

Es muss durch den Eigentümer der Waren ein Antrag auf Genehmigung zur Lohnveredelung bei den zuständigen ukrainischen Zollbehörden gestellt werden; innerhalb von 5 Werktagen ist die entsprechende Genehmigung kostenlos auszustellen. Vor der Erteilung der Genehmigung, also in der Regel bereits im Antrag, muss allerdings das Lohnveredelungsunternehmen nachweisen, dass es über eine ausreichende Infrastruktur sowie technische Ausrüstungen, Produktions- und Lagerkapazitäten verfügt. Der Antragsteller kann auch feststellen lassen, ob er die Anforderungen des besonderen Lohnveredelungszollregimes in der Ukraine erfüllt; hierfür kann ein Vorbescheid der zuständigen Zollbehörden eingeholt werden.

Anmerkung: derzeit können die Bedingungen für die Erteilung von Genehmigungen geändert werden, und zwar je nach Zustand der Energieinfrastruktur und der aktuellen Situation am Standort der zuständigen ukrainischenZollbehörde, welche sich auf deren Betrieb auswirkt.

Bei der Beantragung einer Genehmigung zur Lohnveredelung ist unter anderem ein Außenwirtschaftsvertrag vorzulegen, in welchem die technologischen Schemen zur Lohnveredelung sowie der konkrete Umfang und die konkrete Dauer für die auszuführenden Arbeiten sowie der Veredelungszeitplan (dies gilt nicht für die Instandsetzung von Waren) mit Angaben zu allen Veredelungsschritten enthalten sind.

Die Anzahl der Veredelungsvorgänge ist nicht begrenzt. Zu den Veredelungsvorgängen zählen unter anderem die eigentliche Veredelung von Waren (einschließlich deren mechanischer Veredelung), Montage- oder Demontagevorgänge, die Verwendung von einzelnen Waren, welche zum Produktionsprozess von Kompensationsgütern beitragen oder diesen erleichtern, sowie die Instandsetzung von Waren (einschließlich Modernisierung, Kalibrierung, Restaurierung und Anpassung).

Alle in das ukrainische Zollgebiet einzuführenden Waren und alle im Lohnveredelungsregime herzustellenden Produkte unterliegen der Zollkontrolle. Unter anderem wird es überprüft, ob die Ausbringungsmenge an den veredelten Produkten mit der im Außenhandelsvertrag festgelegten Menge übereinstimmt. Bei komplexen Veredelungsvorgängen können auch Experten hinzugezogen werden.

4. Haftung für Verstöße gegen die Bedingungen des Lohnveredelungsregimes

Für die Verletzung des Veredelungsverfahrens haftet das ukrainische Unternehmen, welchem die Genehmigung zur Herstellung von Produkten auf Basis der Lohnveredelung erteilt wurde. Im Falle eines Verstoßes gegen die einschlägigen ukrainischen Rechtsvorschriften kann eine Geldstrafe verhängt werden.

Wenn das Unternehmen, welches eine solche Genehmigung erhalten hat, die ukrainischen gesetzlichen Zollvorschriften nicht einhält, kann die Genehmigung widerrufen werden. In diesem Fall müssen die begonnenen Veredelungsvorgänge innerhalb von 20 Tagen ab der Aufhebung der Genehmigung beendet sein; und die Waren, die im Rahmen des Lohnveredelungszollregimes in die Ukraine eingeführt wurden, müssen innerhalb von 30 Tagen ab der Aufhebung der Genehmigung aus dem Zollgebiet ausgeführt oder in ein anderes Zollregime überführt werden.

Falls die begonnenen Veredelungsvorgänge nicht innerhalb von 20 Tagen ohne irreparable Schäden an den Waren oder den technischen Ausrüstungen beendet werden können, müssen sie gemäß dem Veredelungszeitplan beendet werden und die veredelten Produkte müssen innerhalb der nächsten 10 Tage ausgeführt oder in ein anderes Zollregime überführt werden.

5. Bedingungen für die Wiederausfuhr (Ausfuhr) von Fertigprodukten

Ukrainische Waren oder Komponenten, welche im Veredelungsprozess verwendet werden, unterliegen der Zollabfertigung beim Export von Fertigprodukten. Der Export von Fertigprodukten kann über ein anderes Zollamt erfolgen und nicht nur über dasjenige, über welches die Rohstoffe in die Ukraine importiert wurden.

Es ist auch möglich, Waren für den freien Verkehr auf dem ukrainischen Territorium zu veredeln. Hierzu muss das veredelte Produkt in das Importregime überführt werden. Ein solcher Vorgang ist jedoch unter der Voraussetzung möglich, dass die zuständige Zollbehörde sicherstellen kann, dass die veredelten Produkte gerade aus diesen Waren gewonnen wurden und dass die Waren nach deren Veredelung in ihren ursprünglichen Zustand nicht kostengünstig zurückversetzt werden können.

6. Gleichwertige Waren

Manchmal kommt es zu Situationen, in welchen sich die Veredelung von Waren aufgrund einer Verzögerung bei der Lieferung einiger zur Veredelung notwendiger Komponenten aufgeschoben wird. Dieses Problem kann jedoch durch die Verwendung von gleichwertigen Waren gelöst werden, d. h. von ukrainischen und ausländischen Waren, welche in ihren beschriebenen, quantitativen und technischen Merkmalen mit den ausländischen Waren, die sie ersetzen, identisch sind.

Dabei gelten die durch die Veredelung von gleichwertigen Waren entstehenden Produkte als Produkte aus der Veredelung von ausländischen Waren. Außerdem ist es zulässig, die veredelten Produkte, die unter Verwendung von gleichwertigen Waren gewonnen wurden, wieder auszuführen, bevor die Waren zur Veredelung ins ukrainische Zollgebiet eingeführt werden oder bevor die Vorgänge zu deren Veredelung beendet worden sind.

7. Abfälle und Rückstände

Bei der Veredelung können Abfälle und/oder Rückstände entstehen. Diese Abfälle lassen sich bedingt in zwei Kategorien einteilen:

  • welche einen wirtschaftlichen Wert haben (gewinnbringend genutzt werden können);
  • welche keinen praktischen Wert haben.

Rückstände oder Abfälle, welche einen wirtschaftlichen Wert haben und/oder entsorgt werden können, müssen in diesem Zustand vor Ablauf der Frist für die Veredelung von Waren in das entsprechende Zollregime überführt werden. Auf Antrag des Zollanmelders können solche Rückstände oder Abfälle unter einem Klassifizierungscode deklariert werden, sofern dieser Code dem höchsten Zollgebührensatz entspricht. Wenn auf einzelne Waren, welche in der angegebenen Rückstandspartie enthalten sind, gesetzlich vorgeschriebene nichttarifäre Regulierungsmaßnahmen anzuwenden sind, entbindet diese Art der Zollanmeldung nicht von der Einhaltung dieser Maßnahmen.

Wenn die Abfälle keinen wirtschaftlichen Wert haben, müssen sie, mit Genehmigung der zuständigen Zollbehörde und gemäß den ukrainischen Rechtsvorschriften, vor Ablauf der Frist für die Veredelung der Waren entfernt werden.

8. Empfehlungen zu den Bedingungen von Lohnveredelungsverträgen

Nach ukrainischem Recht gehört das Eigentum an veredelten Gegenständen (sofern nicht durch gesonderte Gesetzes- oder Vertragsbestimmungen etwas anderes bestimmt ist) dem Eigentümer des Rohstoffes. Allerdings, wenn die Kosten für die Veredelung und für die Schaffung von neuen Sachen die Materialkosten wesentlich übersteigen, so wird das Eigentum an der neuen Sache, falls gewünscht, durch diejenige Person erworben, welche die Veredelung vorgenommen hat (sofern es keine entsprechende vertragliche Regelung gibt). Daher wird empfohlen, im Lohnveredelungsvertrag die Rechte der einzelnen Parteien in jeder Veredelungsphase anzugeben.

Gemäß der ukrainischen Gesetzgebung entsteht das Eigentumsrecht des Auftraggebers ab der Übergabe der Fertigprodukte, sofern vertraglich nichts anderes bestimmt ist. Als Übergabe der Fertigprodukte gilt die Übermittlung solcher Produkte an den Auftraggeber oder an einen benannten Spediteur bzw. eine Übermittlungsorganisation usw., so dass diese Produkte versandt werden können (je nach den Lieferbedingungen, die zwischen den Parteien vertraglich vereinbart sind).

Dementsprechend ist es bei der Ausarbeitung von Lohnveredelungsverträgen notwendig, die Lieferbedingungen, den Zeitpunkt der Eigentumsübertragung sowie das rechtliche Regime für die Rohstoffe und Fertigprodukte in jeder Phase vorherzusehen.

Darüber hinaus müssen Reservemechanismen für die Übertragung des Eigentums an das Ergebnis der Veredelung (Fertigprodukte, verbleibende Rohstoffe, Abfälle) für den Fall vorgesehen werden, dass der ukrainische Auftragnehmer die erforderliche Dokumentation nicht unterzeichnen kann oder dass er sich weigert, dies zu tun. Es wird nicht überflüssig sein, auch das Verfahren für den Fall vorzusehen, dass Produktinkonsistenzen in Bezug auf Qualität/Quantität festgestellt werden.

Es ist auch wünschenswert, das Eigentumsrecht und die Verantwortung für die ordnungsgemäße Registrierung und/oder Entsorgung von Veredelungsabfällen (-rückständen) vorzusehen.

Es ist auch zu bedenken, dass es aufgrund des Kriegszustands in der Ukraine kompliziert sein kann, bestimmte grenzüberschreitende Zahlungen abzuwickeln, was zu Zahlungsverzögerungen führen kann. Dies gilt insbesondere für Zahlungen von frei konvertierbaren Währung vom ukrainischen Territorium aus. Daher empfiehlt es sich, diese vorübergehende Besonderheit bei der Kalkulation, der Fristbestimmung und der Vertragserstellung zu berücksichtigen.

Allerdings ist es gesetzlich vorgesehen, dass der Auftraggeber einen Teil der Rohstoffe, der Rückstände und sonstiger Güter, die einen wirtschaftlichen Wert haben, zur Bezahlung von Veredelungsdienstleistungen verwenden kann. Dies kann zur Lösung des Problems der Währungsregulierung beitragen. Es ist jedoch zu bedenken, dass bei der Übertragung des Eigentums an einem Teil der Rohstoffe die Verpflichtung besteht, den Zollstatus dieser Rohstoffe zu ändern und die entsprechenden Zollgebühren und Steuern in der Ukraine zu entrichten.

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