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Erfassung von Schäden, die Agrarunternehmen durch den Krieg in der Ukraine zugefügt wurden
Allgemeine Informationen
1. Aktuelle Regelungen für die Schadensermittlung
2. Erfassung von Schäden
3. Beweise
4. Dokumente, die durch die zuständigen Behörden und Amtspersonen ausgestellt wurden
5. Dokumente, die von betroffenen Agrarunternehmen ausgefertigt wurden
5.1. Inventur
5.2. Video- und Fotoaufnahmen
5.3. Zeugenaussagen
Infolge der russischen Aggression haben ukrainische Agrarunternehmen erhebliche Verluste erlitten, und sie erleiden diese weiterhin. In der Ukraine werden derzeit rechtliche Mechanismen zum Ausgleich solcher Verluste entwickelt und umgesetzt. In Bezug auf die tatsächliche Entschädigung funktionieren diese Mechanismen immer noch nicht – es herrscht Krieg.
Auch nach Kriegsende sollte man nicht mit schnellen Zahlungen rechnen – Reparationsmechanismen haben viele Jahrzehnte nicht funktioniert und müssen zwar nicht weiterentwickelt, aber an die heutige Realität angepasst werden. Die Absichten der internationalen Gemeinschaft zum Ausgleich von Verlusten von Agrarunternehmen in der Ukraine durch die Erhebung von Reparationen seitens des Aggressors müssen durch Anpassungen und Ergänzungen sowohl im ukrainischen Recht, wie auch auf der Ebene von internationalen Verträgen unterstützt werden.
Die Dynamik des Agrobusiness erlaubt es Agrarunternehmen nicht, einen tatsächlichen Ersatz ihrer Schäden zu erwarten. Die meisten beginnen schnell, ihre Kapazitäten wiederaufzubauen und auf ihren Böden zu arbeiten. Nach einem solchen Wiederaufbau, wenn nämlich Schäden nicht ordnungsgemäß erfasst worden sind, ist es viel schwieriger, die Tatsache der Schadenszufügung sowie den Ersatzanspruch zu beweisen.
Daher besteht das dringendste Problem heute in der Erfassung von Schäden, die durch Kampfhandlungen oder andere Faktoren im Zusammenhang mit der russischen Aggression verursacht wurden. Denn unabhängig davon, wie sich die Methoden zur Ermittlung der Schadenshöhe und die Verfahren zu ihrer Anerkennung und Entschädigung ändern, sollen sie immer auf Beweisen beruhen, dass solche Schäden tatsächlich vorliegen.
1. Aktuelle Regelungen für die Schadensermittlung
Als grundlegende Rechtsvorschriften, die einen Eindruck von der Vorgehensweise bei dem Ersatz von Schäden, die der Unternehmerschaft durch den Krieg zugefügt wurden, vermitteln können, werden heute folgende angesehen:
- Ordnung, genehmigt durch die Verordnung des Ministerkabinetts der Ukraine vom 20.03.2022 Nr. 326 „Über die Genehmigung der Ordnung zur Ermittlung von Schäden und Verlusten, die der Ukraine infolge der bewaffneten Aggression der Russischen Föderation zugefügt wurden“;
- Methodik, genehmigt durch den Erlass des Ministeriums für Umweltschutz und natürliche Ressourcen der Ukraine vom 04.04.2022 Nr. 167 „Über die Genehmigung der Methodik zur Ermittlung der Höhe von Schäden, die den Böden und dem Grund aufgrund von Notfällen und/oder bewaffneten Aggressionen und Kampfhandlungen während des Kriegszustands zugefügt wurden“;
- Methodik, genehmigt durch den Erlass des Ministeriums für Agrarpolitik der Ukraine vom 18.05.2022 Nr. 295 „Über die Genehmigung der Methodik zur Ermittlung von Schäden und Verlusten, die ukrainischen Böden infolge der bewaffneten Aggression der Russischen Föderation zugefügt wurden”.
- Methoden, Regeln und Verfahren, die vor dem Krieg verabschiedet wurden, aber auch für die Regelung des Verfahrens zum Ersatz von Kriegsschäden verwendet werden (Methodik zur Ermittlung der Höhe von Schäden, die durch Verschmutzung und Vermüllung von Bodenressourcen aufgrund von Verstößen gegen das Umweltrecht zugefügt wurden, genehmigt durch den Erlass des Ministeriums für Umweltschutz und nukleare Sicherheit der Ukraine Nr. 171, die Verordnung des Ministerkabinetts der Ukraine vom 15.12.2021 Nr. 1325 “Über die Genehmigung von Normen für die höchstzulässigen Konzentrationen von gefährlichen Stoffen in Böden sowie die Auflistung solcher Stoffe”, Methodik zur Ermittlung der Höhe von Schäden, die durch eine unerlaubte Aneignung von Böden, durch eine nicht zweckgebundene Nutzung von Böden, durch einen Verderb von Böden sowie durch eine Verletzung des Regimes, der Vorschriften und der Regeln für deren Nutzung zugefügt wurden, genehmigt durch die Verordnung des Ministerkabinetts der Ukraine Nr. 963, die Ordnung zur Bestimmung und zum Ersatz von Schäden für Bodenbesitzer und -nutzer, genehmigt durch die Verordnung des Ministerkabinetts der Ukraine Nr. 284, usw.)
Die Ordnung legt das Verfahren zur Ermittlung von Schäden und Verlusten fest, die der Ukraine infolge der bewaffneten Aggression der Russischen Föderation zugefügt wurden. Schäden und Verluste werden separat für verschiedene Bereiche und zugehörige Kennzahlen ermittelt. Was die Tätigkeit von Agrarunternehmen anbetrifft, so sind die folgenden Bereiche am aktuellsten:
а) Verluste an Böden – Bereich, der Verluste an Böden sowie darauf bezogene entgangene Gewinne umfasst. Die Ermittlung von Schäden und Verlusten erfolgt gemäß der Methodik, die durch den Erlass des Ministeriums für Agrarpolitik und im Einvernehmen mit dem Reintegrationsministerium genehmigt wurde. Zuständig für die Ermittlung von Schäden und Verlusten in diesem Bereich sind die staatlichen Gebietsverwaltungen sowie die staatliche Verwaltung der Stadt Kyiv (für die Dauer des Kriegszustands sind die Militärverwaltungen dafür zuständig). Bei der Ermittlung von Schäden und Verlusten werden die folgenden Indikatoren bewertet:
- tatsächliche Kosten für die Rekultivierung von Böden, die infolge von Kampfhandlungen, Bau, Einrichtung und Wartung von ingenieurtechnischen und Befestigungsanlagen, Zäunen, Grenzzeichen und -wegen sowie Versorgungslinien zur Einrichtung der Staatsgrenze beeinträchtigt wurden;
- Schäden, die den Eigentümern (Nutzern) von landwirtschaftlichen Böden zugefügt wurden;
- Kosten für die Wiederherstellung von Meliorationsflächen;
- Kosten für Minenräumung.
b) wirtschaftliche Verluste von Unternehmen – ein Bereich, der Verluste von Unternehmen aller Eigentumsformen aufgrund von Zerstörung und Beschädigung ihres Vermögens sowie entgangene Gewinne wegen der Unmöglichkeit oder Behinderung der Geschäftstätigkeit umfasst. Die Ermittlung von Schäden und Verlusten von Unternehmen erfolgt gemäß der Methodik, die durch den gemeinsamen Erlass des Wirtschaftsministeriums und des Staatsvermögensfonds der Ukraine und im Einvernehmen mit dem Reintegrationsministerium der Ukraine genehmigt wurde. Zuständig für die Ermittlung von Schäden und Verlusten in diesem Bereich in Bezug auf Unternehmen sind die staatlichen Gebietsverwaltungen sowie die staatliche Verwaltung der Stadt Kyiv (für die Dauer des Kriegszustands sind die Militärverwaltungen dafür zuständig). Bei der Ermittlung von Schäden und Verlusten werden die folgenden Indikatoren bewertet:
- Wert des verlorenen, zerstörten oder beschädigten Vermögens von Unternehmen;
- entgangene Gewinne von Unternehmen;
- Verluste von Unternehmen durch unbezahlte Waren, Arbeiten und Dienstleistungen, die in den vorübergehend besetzten Territorien erbracht und verbraucht worden sind.
c) Schäden an Bodenressourcen – ein Bereich, der Schäden umfasst, die durch Verschmutzung und Vermüllung von Bodenressourcen verursacht werden. Die Ermittlung von Schäden und Verlusten erfolgt gemäß der Methodik, die durch den Erlass des Umweltschutzministeriums auf Vorschlag der Staatlichen ökologischen Inspektion in Abstimmung mit dem Reintegrationsministerium genehmigt wurde. Zuständig für die Ermittlung von Schäden und Verlusten in diesem Bereich ist die Staatliche ökologische Inspektion. Bei der Ermittlung von Schäden und Verlusten werden die folgenden Indikatoren bewertet:
- Schäden an Böden und Grundstücken durch Bodenverunreinigungen mit Stoffen, die ihre Fruchtbarkeit und andere nützliche Eigenschaften beeinträchtigen;
- Schäden an Böden und Grundstücken durch Verunreinigung von Grundstücken mit Fremdkörpern, Materialien, Abfällen und/oder anderen Stoffen.
Diese Indikatoren sind derzeit noch nicht abschließend und können ergänzt werden.
2. Erfassung von Schäden
Bei der Erfassung von Schäden geht es um die Sammlung von Beweisen für deren Zufügung und die Ausfertigung von Dokumenten, die die Schäden nachweisen können. Die rechtliche Logik beim Beweisen solcher Umstände ist grundsätzlich mit den Fällen vergleichbar, die sich in Notsituationen und Friedenszeiten ereignet haben. Es ist klar, dass einige Methoden zur Beweiserhebung aufgrund von objektiven Umständen (Kampfhandlungen, Beschuss, Besetzung) nicht verfügbar sein können. Einige Änderungen im Erfassungsverfahren und in der Liste der zulässigen Beweismittel müssen später vorgenommen werden. Aber es ist wichtig, Schäden zu erfassen, ohne auf solche Änderungen oder Erläuterungen zu warten.
Generell beruht die Schadenserfassung auf einem Basisalgorithmus, der von Umständen der Schadenszufügung nicht abhängig ist:
- Ermittlung des Vermögenszustands (Böden, wirtschaftliche Lage usw.) vor Eintritt von nachteiligen Umständen (hier geht es um die Kampfhandlungen). Es handelt sich vielmehr um den Beweis, dass das Vermögen unbeschädigt war (die Böden waren unverschmutzt, die wirtschaftliche Lage war besser);
- Ermittlung des Vermögenszustands (Böden, wirtschaftliche Lage usw.) nach Eintritt von nachteiligen Umständen;
- Bestätigung des tatsächlichen Vorliegens von nachteiligen Umständen;
- Herstellung eines kausalen Zusammenhangs zwischen nachteiligen Umständen und dem veränderten Vermögenszustand (Böden, wirtschaftliche Lage usw.).
Als aktuelle nachteilige Umstände treten jetzt die Kampfhandlungen und deren Folgen auf. Daher muss man in jedem Fall davon ausgehen, dass Sicherheitsüberlegungen bei der Erhebung von Beweisen für zugefügte Schäden im Vordergrund stehen müssen.
3. Beweise
In Anbetracht der aktuellen gesetzlichen Vorschriften kann Folgendes als potentieller Beweis angesehen werden:
- Dokumente, die durch die zuständigen Behörden und Amtspersonen erstellt wurden;
- Dokumente, die durch betroffene Agrarunternehmen ausgefertigt wurden, einschließlich Video- und Fotomaterialien; und
- Zeugenaussagen.
4. Dokumente, die durch die zuständigen Behörden und Amtspersonen erstellt wurden
Zu solchen Dokumenten kann Folgendes gehören:
- Dokumente, die den Eintritt von Umständen höherer Gewalt nachweisen, ausgestellt von der Industrie- und Handelskammer der Ukraine;
- Protokolle/Beschlüsse der Kommission für technologische und ökologische Sicherheit und Notsituationen bei der staatlichen Gebietsverwaltung (Bezirksverwaltung), die Ereignisse und deren Folgen als Notsituation anerkennen;
- Protokolle über Brandfälle; und
- Bestätigung des Verteidigungsministeriums der Ukraine usw.
5. Dokumente, die von betroffenen Agrarunternehmen ausgefertigt wurden
Zu solchen Dokumenten kann Folgendes gehören:
- Inventurprotokolle für das Vermögen;
- Beschlüsse über die Unmöglichkeit der Nutzung des Vermögens;
- Beschlüsse über die Inbetriebnahme des Vermögens; und
- Dokumente, die die Nutzung des Vermögens vor dessen Beschädigung nachweisen.
Bei Umständen, in welchen es schwierig ist, Dokumente bei den zuständigen Behörden zu beschaffen, sollte die besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, wie die unternehmensinterne Ausfertigung von Dokumenten bei Agrarunternehmen abläuft; Video- und Fotomaterialien sowie Zeugenaussagen müssen auch im Vordergrund stehen.
5.1. Inventur
Bei Verlust, Beschädigung, Verletzung oder Zerstörung des Vermögens von Agrarunternehmen muss unbedingt eine Inventur durchgeführt werden. Im Rahmen der Inventur erfolgen auch Video- und Fotoaufnahmen von zugefügten Schäden.
Die Entscheidung über die Durchführung einer Inventur muss auf Anordnung getroffen werden. Darin muss vor allem die Art der Inventur angegeben werden.
Eine Inventur darf üblicherweise durchgeführt werden durch:
- eine Inventurkommission;
- eine speziell zur Erfassung und Dokumentation von tatsächlich zugefügten Schäden eingesetzte Kommission, der neben Mitarbeitern von Unternehmen auch externe Sachverständige angehören können; oder
- eine bevollmächtigte Person.
Die Kommission oder die bevollmächtigte Person wird auf Anordnung der Unternehmensleitung bestellt.
Wenn eine Kommission gebildet wird, sollen darin Personen aufgenommen werden, die über spezielle Kenntnisse zur Beurteilung des Vermögenszustands verfügen (Ingenieure, Techniker, Agronomen, Buchhalter usw.). Die Kommission wird berufen, um Beschädigungen oder Zerstörungen des Vermögens festzustellen, seinen Zustand zu beurteilen, die Ursachen von zugefügten Vermögensschäden festzustellen, diese zu beurteilen sowie dokumentarisch zu erfassen, darunter durch Video- und Fotoaufnahmen.
Wenn eine bevollmächtigte Person bestellt wird, dann hat sie die Inventur mit Hinzuziehung von zwei oder mehr Zeugen durchzuführen. Als Zeugen können nicht nur Mitarbeiter von Unternehmen auftreten. Es ist zweckmäßig, Vertreter von lokalen Behörden und Niederlassungen des staatlichen Katastrophenschutzdienstes und der nationalen Polizei sowie Ortsansässige hinzuzuziehen. Informationen über Zeugen werden in die Inventurmaterialien eingetragen. Diese Materialien müssen von Zeugen unterzeichnet werden.
Als Folge von Kampfhandlungen oder Besetzungen können Situationen eintreten, in welchen es objektiv unmöglich ist, ein ordnungsgemäßes Inventurverfahren sicherzustellen (Erlass von Anordnungen, Hinzuziehung von Zeugen usw.). In diesem Fall können Beweismittel für tatsächlich zugefügte direkte Vermögensschäden an Agrarunternehmen generell durch deren Mitarbeiter oder sogar durch andere Personen erfasst, dokumentiert und festgehalten werden.
5.2. Video- und Fotoaufnahmen
Es ist wichtig, bei Videoaufnahmen Folgendes anzugeben:
- Aufnahmezeit und -ort;
- Angaben zur Person, die die Aufnahme durchführt;
- Angaben zum Vermögen, das aufgenommen wird;
- Angaben zum Vermögensbesitzer;
- verbale Beschreibung von Beschädigungen;
- mündliche Beschreibung von Umständen, unter welchen Beschädigungen eingetreten sind; und
- Angaben zu Zeugen.
Diese Informationen können während der Aufnahme laut gesprochen werden, so dass sie den visuellen Teil begleiten können.
Fotoaufnahmen werden für jede einzelne Beschädigung und allgemein im Rahmen des ganzen beschädigten Objekts durchgeführt. Empfehlenswert ist, bei Fotoaufnahmen einzelne Dokumente mit denselben Daten wie bei Videoaufnahmen auszufertigen. Diese Dokumente müssen von Personen, die die Aufnahmen durchgeführt haben, sowie von Zeugen unterzeichnet werden.
5.3. Zeugenaussagen
Zeugenaussagen müssen auf Papier festgehalten und von Zeugen unterzeichnet werden. Es ist obligatorisch, folgende Angaben zu Zeugen bereitzustellen:
- Nach-, Vor- und Vatersnamen;
- Daten ihrer Personalausweise; und
- ihre Kontakte: Telefon, E-Mail, Link zu ihren Benutzerprofilen in Instagram, Facebook, usw.
Wenn möglich, sollten alle gesammelten Beweise in elektronischer Form kopiert und in Cloud-Diensten gespeichert werden. Sogar bei vollständiger Vernichtung der Dokumentation wäre es möglich, Informationen über zugefügte Schäden wiederherzustellen und einen Schadensersatz dafür zu verlangen.