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15. Januar 2021

Die nationale ukrainische Strategie der Bewirtschaftung von Abfällen

1. Strategie der Bewirtschaftung von Abfällen
2. Haushalts- und Industrieabfälle
3. Gefährliche Abfälle
4. Abfälle bei der Herstellung von Agrarprodukten
5. Spezifische Abfallarten
6. Müllsortierung

 

Strategie der Bewirtschaftung von Abfällen

Das Problem der Anhäufung von Produktions- und Verbrauchsabfällen stellt unter gegenwärtigen Bedingungen eine der größten Gefahren für die Umweltsicherheit dar. Heute nimmt der Anfall von Abfall, insbesondere von chemisch gefährlichen Abfällen, in der Ukraine zu; die Flächen von illegalen Deponien weiten sich immer mehr aus.

Zur Lösung dieses Problems hat das Ministerkabinett der Ukraine im Jahre 2017 die Nationale Strategie der Bewirtschaftung von Abfällen in der Ukraine bis zum Jahr 2030 verabschiedet. Die Strategie sieht unter anderem Folgendes vor: Gründung von regionalen Zentren zur Abfallbeseitigung, Einführung von Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft und der erweiterten Verantwortlichkeit des Herstellers, wodurch Unternehmen zur Minimierung der Abfallproduktion und zur Beteiligung an der Abfallverwertung stimuliert werden können, sowie Umsetzung einer fünfstufigen Hierarchie der Abfallbehandlung, die in der Europäischen Union funktioniert. Vor allem geht es hier um die Vorbeugung gegen Abfallproduktion und nur in Einzelfällen um die Lagerung von Abfällen. Die ukrainischen Organe der örtlichen Selbstverwaltung werden verpflichtet, ein System von Wiederverwendungsstellen für einige Warenkategorien zu schaffen, z. B. für Haushaltsgeräte, Möbel, Kleidung.

Zum Schwerpunkt der Behandlung von Agrarabfällen muss die Verwertung von Abfällen in Energie, Futtermittel und andere Ressourcen werden. Das alles fordert eine komplexe technologische Modernisierung.

Eine hohe Abfallproduktion und eine schwache Verwendung von Abfällen als Sekundärrohstoffe haben zur Folge, dass erhebliche Mengen von festen Abfällen im Industrie- und Kommunalsektor in der Ukraine jährlich angehäuft werden, wovon nur ein geringer Teil als Sekundärrohstoffe verwendet wird und der Rest in Mülldeponien kommt.

Die Situation, die in der Ukraine im Zusammenhang mit Abfällen entstanden ist, unterscheidet sich im Vergleich zu anderen hochentwickelten Ländern durch eine hohe Abfallproduktion und durch mangelnde infrastrukturelle Kapazitäten zur Abfallbehandlung.

Anmerkung! Abfallprojekte können unter den Investitionsprojekten von großem Umfang realisiert werden, was den Investoren eine ganze Reihe von Vorteilen bringen kann.

Generell zeichnet sich das System der Bewirtschaftung von Abfällen in der Ukraine durch folgende Tendenzen aus:

  • Anhäufung von Abfällen sowohl im Industrie-, als auch im Haushaltssektor, wodurch der Umweltzustand und die menschliche Gesundheit beeinträchtigt werden;
  • keine ordnungsgemäße Entsorgung und Beseitigung von gefährlichen Abfällen;
  • Lagerung von Haushaltsabfällen ohne Rücksicht auf eventuelle gefährliche Folgen;
  • ungenügende Verwendung von Abfällen als Sekundärrohstoffe.

Die Lösung des genannten Problems spielt die Schlüsselrolle bei der Gewährleistung der Energie- und Ressourcenunabhängigkeit des Staates sowie bei der Einsparung von materiellen und energetischen Naturressourcen.

Die Strategie bestimmt die Schwerpunkte der staatlichen Regulierung im Bereich der Abfallbehandlung in den nächsten Jahrzehnten unter Berücksichtigung von europäischen Ansätzen zur Bewirtschaftung von Abfällen, die sich auf den folgenden Vorschriften beruhen:

  • Rahmenrichtlinie Nr. 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien;
  • Richtlinie des Rates Nr. 1999/31/EG vom 26. April 1999 über Abfalldeponien;
  • Richtlinie Nr. 2006/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Bewirtschaftung von Abfällen aus der mineralgewinnenden Industrie und zur Änderung der Richtlinie 2004/35/EG;
  • Richtlinie 94/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 1994 über Verpackungen und Verpackungsabfälle;
  • Richtlinie 2012/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über Elektro- und Elektronik-Altgeräte (EEAG);
  • Richtlinie 2006/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006 über Batterien und Akkumulatoren sowie Altbatterien und Akkumulatoren.

In der Ukraine wird inzwischen die zweite Etappe der Nationalen Strategie der Bewirtschaftung von Abfällen umgesetzt. Die erste Etappe verlief im Zeitraum von 2017- 2018, die zweite Phase umfasst den Zeitraum von 2019 bis 2023, und die dritte von 2024 bis 2030.

Durch die praktische Umsetzung dieses Dokuments muss dazu beitragen werden, dass bis zum Jahr 2023 die Verarbeitung von mindestens 15% von Haushaltsabfällen gewährleistet wird – dank der Inbetriebnahme von Müllsortierungsstationen und Müllverwertungsbetrieben. Dadurch muss auch der Anteil der Bevölkerung, die in der Trennung von Haushaltsabfällen engagiert ist, mindestens auf 23% vergrößert werden. Bis 2030 müssen diese Zahlen entsprechend auf 50 und 48 % steigen. Dazu sollen in der Ukraine 250 bis 300 neue Zentren für die Abfallannahme / -sammlung sowie 90 Müllsortierungsstationen geschaffen werden. Und die Anzahl von Deponien für die Endlagerung von Abfällen muss von ungefähr 5,5 Tsd. auf 100-150 verringert werden. Und diese müssen nicht als „Müllhalden“, sondern als moderne und sichere Objekte gestaltet werden, die den EU-Standards entsprechen.

Derzeit funktioniert in der Ukraine nur einer der vier Müllverbrennungsanlagen, die noch zu sowjetischen Zeiten gebaut worden sind, — es geht um die Müllverbrennungsanlage in der Stadt Kiew, deren Leistung 300 000 t pro Jahr beträgt; und nur eine neue Müllverbrennungsanlage wird derzeit gebaut. Am 22. Oktober 2020 wurde das Unternehmenskonsortium WTT Netherlands BV — Axis Industries UAB (Niederlande, Litauen) durch die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung als Generalauftragnehmer beim Bau eines mechanisch-biologischen Abfallverwertungskomplexes in der Stadt Lwiw (Lemberg) beschlossen. Außerdem funktionieren noch zwei mobile Müllverbrennungsanlagen in Charkiw und eine stationäre Anlage im Gebiet Charkiw. In einzelnen Städten gibt es 21 betriebsfähige Abfallsortierungsstationen.

Haushalts- und Industrieabfälle

Das Problem von festen Haushaltsabfällen, deren Produktion tendenziell zunimmt, ist heute recht aktuell für die Ukraine. Im Jahre 2019 wurden feste Haushaltsabfälle in einem Umfang von fast 11,86 Mio. t produziert, was 280,5 kg pro einen Einwohner betrug. Die Dienstleistungen zur Abfallentsorgung sind nur für 78% der ukrainischen Bevölkerung zugänglich. Die vorherrschende Methode zur Abfallbehandlung war die Endlagerung in Deponien.

Nach Angaben des ukrainischen Staatsamtes für Statistik wurden im Jahre 2019 lediglich 0,14 % der Haushalts- und Industrieabfälle verwertet und 1,7 % davon zur Energiegewinnung verbrannt, der Rest wurde auf Deponien verbracht und dort eingelagert.

Die Ukraine zählt jetzt etwa 5470 Deponien, von denen 5,6 % überlastet sind und 30 % die jeweiligen Anforderungen nicht erfüllen. Experten schätzen über 99 % Deponien als solche ein, die den EU-Standards nicht entsprechen. Die in Deponien angehäuften Abfälle verursachen Luft- und Bodenverschmutzungen sowie Verschmutzungen von unter- und oberirdischen Gewässern; sie beeinträchtigen die Funktion von Ökosystemen und wirken sich auf die Landwirtschaft aus, und ihre Gas-Emissionen beschleunigen den Klimawandel.

Wegen des mangelhaften Systems der Abfallbehandlung im Privatsektor werden jährlich 26,6 Tsd. illegaler Deponien mit der Gesamtfläche von 0,75 Tsd. ha aufgedeckt, wovon 26 Tsd. mit der Gesamtfläche von 0,68 Tsd. ha in den letzten Jahren liquidiert worden sind. Die Unvollständigkeit des Abfalltrennungssystems bei der Sammlung von Haushaltsabfällen führt zum Verlust von Millionen Tonnen von wiederverwendbaren Materialien, die in Abfällen enthalten sind.

Gefährliche Abfälle

Heute hat sich die Anzahl von Arten von gefährlichen Abfällen sowie ihr Umfang wesentlich vergrößert, und zwar durch Elektro- und Elektronik-Altgeräte, Batterien und Akkumulatoren, chlorhaltige Polymere, steroidale und biologische chemische Pflanzenschutzmittel, Wuchsstoffe, Konservierungsmittel, Nahrungsergänzungsmittel usw.

Der Gesamtumfang von angehäuften gefährlichen Abfällen beträgt 5,1 Mrd. t, wobei die laufenden Kosten auf ihre Beseitigung und Lagerung ungefähr 650 Mio. Hrywnja betragen.

Eine besondere Gruppe von gefährlichen Abfällen bilden ungeeignete und zum Einsatz verbotene chemische Pflanzenschutzmittel. Zum Anfang 2019 betrug ihr Rest, nach offiziellen Angaben, etwa 8,7 Tsd. t.

Am intensivsten werden solche gefährlichen Abfälle produziert, die Schwermetalle (Chrom, Blei, Nickel, Kadmium, Quecksilber) enthalten.

In der Ukraine gibt es circa 300 Speicheranlagen für gefährliche Abfälle, die ohne geeigneten technischen Schutz errichtet worden sind und zu Quellen der ökologischen Gefahr auf der regionalen Ebene geworden sind. Nur einzelne Unternehmen verfügen über ausgerüstete Speicheranlagen für die Lagerung von gefährlichen Abfällen sowie über jeweilige Beseitigungs- und Regenerationsanlagen.

Abfälle bei der Herstellung von Agrarprodukten

Die Intensivierung der Agrarproduktion und die Erweiterung von landwirtschaftlich genutzten Böden haben zur umweltbelastenden Vergrößerung der Abfallmenge geführt.

Traditionell unterteilen sich die landwirtschaftlichen Abfälle in der Ukraine in pflanzliche, tierische und agrochemische Abfälle.

Nach den Angaben von statistischen Untersuchungen erweisen sich im Jahre 2019 aus mehr als 14 Mio. t produzierter Agrarabfälle Folgende als besonders massenhaft:

  • Pflanzenabfälle;
  • tierische Fäkalien, Harn und Mist;
  • tierische Abfälle und gemischte Lebensmittelabfälle.

Die statistischen Angaben spiegeln jedoch die reale Sachlage nicht ganz vollständig wider. Die Bruttogetreideernte auf dem Niveau von 50 Mio. t kann bis zu 25 Mio. t Stroh ergeben. Wenn die Bruttogetreideernte 80 Mio. t erreichen wird, erhöht sich die Strohmenge auf 40 Mio. t.

Eine andere Quelle von Agrarabfällen stellt Tier- und Geflügelzucht dar, wo Mist als hauptsächliche Art von Agrarabfällen auftritt. Zum 1. Januar 2020 betrug der Rinderbestand in der Ukraine etwa 3,14 Mio. Tiere, was um 5,7% weniger ist, als zum 1. Januar 2019. Der Schweinebestand betrug 5,73 Mio. Tiere (um 4,9% weniger, als zum 1. Januar 2019). Zum 1. Januar 2020 wurden im Land auch circa 1,21 Mio. Schafe und Ziegen gezüchtet (um 4,7% weniger als im Vorjahr).

Wenn man davon ausgeht, dass ein Tier durchschnittlich 10 kg Mist pro Tag liefern kann, können im Laufe des Jahres bis zu 50 Mio. t Mist angehäuft werden. Ein Hühnerbestand von 1,5 Mio. Hühner kann über 100 t Mist pro Tag liefern. Insgesamt wird in der Ukraine jährlich etwa 500 Tsd. t Geflügelmist produziert. Außerdem entstehen Abfälle bei der Geflügelschlachtung und der Entsorgung der toten Tiere. Die Geflügelsterbe darf vorschriftsgemäß 3,5 Prozent von der Gesamtanzahl pro Jahr betragen, wodurch – beim durchschnittlichen Gewicht eines Vogels 500 g – 3570 t Bioabfälle produziert werden können, ohne dass die Bioabfälle berücksichtigt werden, die bei der Geflügelschlachtung entstehen.

Aktuell bleibt die Frage der Behandlung von Abfällen, die aus chemischen Pflanzenschutzmitteln produziert werden, zu denen Pestizide, Herbizide, Fungizide, chemische und biologische Pflanzenwuchsstoffe gehören.

Eine Sondergruppe von Abfällen, die aus chemischen Pflanzenschutzmitteln produziert werden, bilden ungeeignete und zum Einsatz verbotene Pestizide, die noch zu sowjetischen Zeiten hergestellt und angehäuft worden sind.

Zugleich geben die Ergebnisse der durchgeführten Inventur von Abfällen aus chemischen Pflanzenschutzmitteln keine Möglichkeit, ihre Anzahl genau zu bestimmen, aber nach vorläufigen Schätzungen kann der Umfang von angehäuften und zum Einsatz nicht geeigneten chemischen Pflanzenschutzmitteln 8,5 Tsd. t betragen.

Spezifische Abfallarten

Die Situation, die in der Ukraine im Bereich der Behandlung von Verpackungsabfällen entstanden ist, bleibt unbefriedigend, darunter im Bereich der Abfallsammlung, -verarbeitung und -beseitigung sowie bei deren Einbeziehung in den Wirtschaftskreislauf.

Im Jahre 2019 wurden etwa 6,1% von Verpackungsabfällen verwertet und beseitigt, davon: 2% verbrannt, und 4,1% von Verpackungsabfällen kam in Aufkaufstellen für Sekundärrohstoffe und in Müllverarbeitungsstationen.

Da ein effektives Ansammlungssystem für Verpackungsabfälle nicht vorhanden ist, geht jährlich ein erhebliches Ressourcenpotential für die Verwertungsindustrie verloren, und zwar in Form von Papier- und Kartonabfällen von 0,5 bis 0,6 Mio. t, Glasabfällen – 1 Mio. t, Polymerabfällen – 0,6 Mio. t.

Müllsortierung

Ab dem 1. Januar 2018 wurde es durch das ukrainische Gesetz über Abfälle verboten, nicht verwertete Haushaltsabfälle in Deponien zu lagern, wobei die ukrainischen Bürger zu einer obligatorischen Müllsortierung verpflichtet werden, so dass sie ihren Müll in spezielle Müllbehälter abwerfen sollen. In demselben Jahr wurde beschlossen, Müllschlucker in vielstöckigen Wohngebäuden außer Betrieb zu setzen und die Staatlichen Baustandards entsprechend zu ändern: Müllschlucker müssen schon nicht mehr obligatorisch projektiert werden, soweit es um einen Neubau bzw. um eine Rekonstruktion von bereits bestehenden Gebäuden geht.

Das Gesetz und die neuen Müllbehälter müssen dazu beitragen, dass innerhalb von 14 Jahren der jährlich abgeworfene Müllumfang von 95% (2016) auf 30% (2030) reduziert werden soll; im Jahre 2019 ist es jedoch gelungen, diesen Umfang lediglich um 1,2% zu reduzieren. Wie Experten behaupten, handelt es sich nicht nur darum, dass die Mehrheit der ukrainischen Bürger nicht bereit ist, ihren Müll zu sortieren – nach inoffiziellen Angaben machen das ungefähr 4% der Einwohner des Landes. Es handelt sich auch darum, dass es in der Ukraine an der notwendigen Infrastruktur mangelt: an Recycling-Betrieben sowie an neben Gebäuden aufgestellten Müllcontainern usw. Darum befassen sich mit der Müllsortierung überwiegend Enthusiasten, denen das nicht egal ist und die bereit sind, Zeit und Ressourcen aufzuwenden, damit Abfälle recycelt werden können.

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